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Russland ohne Waffen

Russland ohne Waffen

14.09.2011 — Analyse


In den Unternehmen der Region Sverdlovsk, die für die Rüstung arbeiten, gehen die staatlichen Aufträge zurück, während sich ein Anstieg der Exporte feststellen lässt. Die Topmanager meinen, dass im Zuge der Erschließung ausländischer Märkte die Rüstungsfabriken schleunigst modernisiert und neue Fabrikate geliefert werden müssen. Stattdessen nimmt die Finanzierung wissenschaftlicher Arbeiten ab und für die technische Umrüstung sind nur minimale Budgets vorgesehen. Die Teilnehmer der Ausstellung Russian Expo Arms - 2011 erklärten gegenüber dem Korrespondenten der "RusBusinessNews", dass die russische Rüstungsindustrie nicht mit ausländischen Modellen konkurrieren kann, wenn es nicht innerhalb der nächsten Jahre zu einem technologischen Boom kommen sollte. Daneben wird die russische Armee lediglich dazu in der Lage sein, mit den ehemaligen GUS-Nachbarn Krieg auf Augenhöhe zu führen.

Auf den ersten Blick sieht die Situation in der Rüstungsindustrie des Landes durchaus vielversprechend aus: 2011 investierte der Staat über 700 Milliarden Rubel in wissenschaftliche Untersuchungen und Entwicklungsprojekte, was in den 20 Jahren zuvor niemals der Fall war. Grigorij Stečen`, der stellvertretende Direktor des Departements des Ministeriums für russische Wirtschaftsförderung, bekräftigt, dass die Gesamtausgaben zur Realisierung von Innovationsprogrammen zum Jahr 2013 1,4 Trillionen Rubel betragen. Diese Summe sieht einen wesentlichen Anstieg der Ausgaben für die Kooperation der Unternehmen der Rüstungsindustrie mit Hochschulen und mit Kleinunternehmen vor.

Währenddessen sind die Mittel, die auf wissenschaftliche Untersuchungs- und Entwicklungsarbeiten entfallen, mit den Zeiten der Sowjetunion einfach nicht vergleichbar, wie Gennadij Lavrinov, stellvertretender Leiter des 46. Zentralen Forschungsinstituts des russischen Verteidigungsministeriums, feststellte. Zudem gehen die Ausgaben für die eigentlichen wissenschaftlichen Arbeiten zurück, da eher Entwicklungsprojekte gefördert werden. Der Staat sieht nicht einmal ein Budget für die neun grundlegenden Kriegstechnologien vor, die von der russischen Kommission für Rüstungsindustrie bestätigt wurden. In der Regel werden Arbeiten finanziert, die in absehbarer Zeit zu einem tatsächlichen Ergebnis führen. Mit anderen Worten: Die Technologien, die in den letzten 20 Jahren zu kurz kamen, werden auf den neuesten Stand gebracht. Woher bei einer solchen Vorgehensweise die Waffen fünfter Generation kommen sollen, darüber denken die Beamten offensichtlich bis jetzt noch nicht nach.

Um die technologische Umrüstung des Rüstungsapparates ist es noch schlechter bestellt: Von den 20 Trillionen Rubel, die vom staatlichen Rüstungsprogramm bis 2020 vorgesehen sind, entfallen lediglich 600 Milliarden auf die Modernisierung. Aus der Vernachlässigung der Umrüstung resultiert ein Zusammenbruch der Produktionswirtschaft.

Das Management der Offenen Aktionärsgesellschaft "Konzern PVO "Almaz-Antej" hat berechnet, dass in den Unternehmen der Holding-Gruppe auf 1000 Rubel Produktionskosten ein Verbrauch von 1 kW Elektroenergie kommt. Ein solch immenser Verbrauch lässt sich anhand mehrerer Faktoren erklären: In der Korporation beträgt der Anteil moderner automatisierter Produktionsstände gerade einmal 6%, die Herstellungskapazitäten sind zu 34% ausgelastet und hinzu kommen noch die suboptimale Personalstruktur und die niedrige Mehrwertproduktion: 235,000 Rubel pro Mensch und Stunde. Den Worten von Sergej Ostapenko, des stellvertretenden Konzerndirektors, zu Folge stieg die Arbeitsproduktivität in den letzten fünf Jahren auf das 2,5-fache, und dennoch ist sie fünfmal niedriger als in Europa. Die technologische Basis von "Almaz-Antej" hat sich in diesen fünf Jahren ebenfalls zum Besseren hin verändert, aber nicht so schnell wie nötig: Ausländische Gesellschaften gehen keine Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen ein, in denen der Anteil an automatisierter Ausstattung unter 20% liegt. Die russischen Hersteller von Mitteln der Luftabwehr müssen ihre jährlichen Investitionen in Umrüstung und Entwicklung der Technologiebasis um das 4- bis 5-fache erhöhen, um solche Kennwerte zu erzielen. Doch beim heutigen Modernisierungstempo wird "Almaz-Antej" nur antiquierte Waffen herstellen.

Die Produktivität stellt ein äußerst wichtiges Element der Konkurrenzfähigkeit einer Waffe dar, was die russischen Strategen überhaupt nicht berücksichtigen. Ein Fabrikat kann hervorragende taktisch-technische Charakteristiken aufweisen, wenn der Hersteller jedoch nicht die nötigen spezifischen Kennwerte hinsichtlich Metallkapazität, Energiekapazität usw. je Einheit des Produktionsgutes erreicht, kann sich das Unternehmen nicht lange auf dem Markt halten. Die Geschichte russischer Rüstungsunternehmen demonstriert dies nur allzu gut.

Das föderale Staatsunternehmen "Konstuktorskoe bjuro mašinostroenija" hat beschlossen, auf eigene Gefahr den transportablen Fliegerabwehr-Raketenwerfer "Igla" zu entwerfen. Den Worten von Georgij Kuzyk zu Folge, Leiter der außenwirtschaftlichen Unternehmenstätigkeit, ist das Fabrikat eine Innovation: Auch im Ausland besteht eine Nachfrage danach. Heute machen Exporte bis zu 70% des Unternehmensbudgets aus, von denen wiederum etwa 60% auf "Igla" entfallen. In letzter Zeit jedoch ist es den Chinesen gelungen, die Russen mit weniger effektiven Erzeugnissen vom Markt zu drängen. Der Grund dafür ist banal: Die spezifischen Kennwerte sind in China besser, weswegen die Produktion nur halb so teuer ist.

Die russischen Unternehmen versuchen die Wirtschaft zu ändern. Im Konzern "Almaz-Antej" ist man zum Schluss gekommen, dass es Unsinn ist, auf ein- und denselben Plattformen Technik dritter und fünfter Generation herzustellen und hat damit begonnen, zwei neue Fabriken zu planen, die die Bodenausrüstung für alle Raketentypen fertigen werden. Von der Modernisierung der alten Zechen ist man abgerückt, da diese bei Erhaltung der bisherigen Produktion um ein 4- bis 5-faches teurer ausfällt. Die neuen Kapazitäten sollen bis 2015 fertiggestellt sein. Parallel dazu werden spezialisierte Technologiezentren geschaffen, die bestimmte Operationen für alle Konzernunternehmen ausführen: Ein Zentrum der Hüttenindustrie, ein Leiterplattenzentrum usw.

Denselben Weg wählte auch die Offene Aktionärsgesellschaft "OPK "Oboronprom". Den Worten des stellvertretenden Direktors Vladimir Dovgij zu Folge ist die Situation im Motorenbau nicht die beste, und um sie radikal zu ändern, wurde beschlossen, spezialisierte Zentren für technologische Kompetenzen zu bilden und ein Verwaltungssystem auf Grundlage von Divisionen zu schaffen. Der Topmanager ist überzeugt: Wenn sich die Situation in der Produktion verbessert, eröffnen sich mehr Möglichkeiten, dass die Produkte besser konzipiert und schneller integriert werden.

Allerdings sind die Experten davon überzeugt, dass alle Pläne der Rüstungsindustrie umsonst sind, wenn sich die Arbeit des russischen Verteidigungsministeriums nicht radikal ändert. Gennadij Lavrinov führt an, dass das Kriegsressort einfach nicht in der Lage sei, den Zustrom an Know-How zu meistern, der von den Projektinstituten und Entwurfsbüros kommt, ganz zu schweigen von der Kommerzialisierung neuer Konzeptionen.

Dem Verteidigungsministerium ist auch die technologische Rückständigkeit der Rüstungsindustrie anzulasten. Ein Wechsel der Technologiezyklen in der Branche vollzieht sich alle 20-25 Jahre. Diese bestimmen auch die Maxima beim Waffenkauf. Das nächste Maximum wird im Jahr 2020 erwartet. Man fühlt jedoch, dass in der Rüstungsindustrie überhaupt keine Entwicklung stattfindet, weil im Land nicht einmal versucht wird, mit einer massierten Modernisierung der Industrie zu beginnen. Stattdessen tadelt der Generalstab in regulären Abständen die russische Verteidigungsindustrie, die die Armee nicht zufrieden stellen kann, aber bis jetzt dennoch exportiert wird.

Die Spezialisten führen an, dass eine dauerhafte Umrüstung der Industrie durchgeführt werden muss, um nicht im Züge des nächsten technologischen Zyklus den Anschluss zu verlieren. Vermutlich ist Russland an den kritischen Punkt gekommen, an dem es noch möglich ist, ohne wirtschaftlichen Schaden eine industrielle Revolution durchzuführen und zur Bewaffnung fünfter Generation überzugehen. Doch das konzipierte Entwicklungsprogramm des Rüstungskomplexes ist nicht dazu in der Lage, diese Aufgabe zu lösen, weil die Strategen des Verteidigungsministeriums es vorzogen, Gelder nicht für die Entwicklung, sondern "für den Verbrauch" einzusetzen.

Russlands wesentliches Problem besteht darin, dass kaum jemand darüber nachdenkt, wofür das Geld in die Rüstungsindustrie investiert werden muss und konkrete Unternehmen gefördert werden müssen. Die Mehrheit der am Kriegsbudget Beteiligten sieht nur im Ertrag, den man bei der Erschließung eines staatlichen Rüstungsauftrags verdienen kann, ein Ziel.

Nach Meinung der Experten gibt es für Russland genug zu tun, doch wenn es das so tun wird wie in den letzten 20 Jahren, verliert es nicht nur bald den Zugang zu ausländischen Märkten, sondern fängt schon bald damit an, Waffen für seine Armee im Ausland zu kaufen.

Wladimir Terletskij

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