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Das russische Verteidigungsministerium versucht alten Schrott in neuer Verpackung zu verkaufen

Das russische Verteidigungsministerium versucht alten Schrott in neuer Verpackung zu verkaufen

13.01.2012 — Analyse


Das russische Verteidigungsministerium verkündete, dass die Waffen und Kampftechnik im Jahre 2012 nach neuen Regeln bestellt werden. Der Verteidigungsminister Anatolij Serdjukow behauptet, dass die neue, durchsichtige Preispolitik der Rüstungsindustrie ermöglichen wird, die Aufträge termingerecht auszuführen, was die technische Umrüstung der Armee beschleunigen wird. Die Vertreter der Rüstungsindustrie erklärten aber dem Berichterstatter von "RusBusinessNews", dass sie immer noch über keine Informationen bezüglich der Änderungen verfügen. Die laufenden Bestellungen für das Jahr 2012 zeigen dennoch deutlich, dass sich im System der staatlichen Rüstungsaufträge fast nichts geändert hat, und man von ernstzunehmender Modernisierung nicht sprechen kann. Viel mehr noch, wenn das bestehende Bestellverfahren erhalten bleibt, werden die staatlichen Rüstungsaufträge auch in diesem Jahr nicht erfüllt.

Den Preis der Waffen und Kampfmaschinen bestimmen in Russland 3 Behörden: das Verteidigungsministerium bestimmt den Startpreis des Vertrags, die Föderale Tarifbehörde bestimmt das entsprechende Rentabilitätsniveau und das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung ist für den Inflationsindex zuständig. Die Zusammenarbeit dieser drei Behörden kann nicht gerade als glatt bezeichnet werden, seit Jahren können sie unter einander nicht bestimmen, wer von ihnen denn nun das Sagen in der Entwicklung der einheitlichen Norm-Datenbank, welch die staatlichen Rüstungsaufträge regeln wird, hat.

Bis vor kurzer Zeit wurde der Preis für die Rüstung nach den Industrieausgaben und dem Gewinn der Unternehmen bestimmt. Die Föderale Tarifbehörde hat noch im Jahr 2006 festgelegt, dass die Rentabilität der Rüstungsindustrie im Bereich zwischen 5 und 20% liegen darf. Nach der Ernennung von Anatolij Serdjukow zum Verteidigungsminister begann die großangelegte Armeereform, welcher auch die Preisbildung für die bestellten Waffen und Kampftechnik zum Opfer fiel. Das Verteidigungsministerium begann vorläufige Vertragspreise zu bestimmen, welche zum Ende des Jahres oft nach unten, je nach tatsächlichen Ausgaben der Rüstungsunternehmen, korrigiert wurden. Die Rüstungsindustrie verlor jegliches Interesse an den staatlichen Rüstungsaufträgen. Nach der Analyse des russischen Industrie- und Handelsministeriums sank die Rentabilität der Rüstungsindustrie in den Jahren 2008-2010 um rund 25-30%.

Präsident der "Vereinigten Flugzeugbau-Corporation" AG Mikhail Pogosjan erklärte auf einer Anhörung in der Gesellschaftskammer von Russland, dass kein Unternehmen über lange Dauer mit dem Rüstungsministerium zusammenarbeiten kann, da das Ministerium bestimmte Ausgaben in seine Berechnungen nicht einschließt. So werden u.a. die Versicherungsbeiträge für die Flugzeugtests, Begleitung der Produktion, welche für die Gewährleistung der Qualität notwendig ist, Ausgaben für besondere Anlagen bei Durchführung von Versuchs- und Konstruktionsarbeiten, Lizenzgebühren an die Konstrukteure, die neue Modelle aus eigenen Kräften entwickeln und viele andere Ausgaben in die Berechnung der Selbstkosten nicht eingeschlossen. So schrumpft die Rentabilität, die auf dem Papier 11,5% beträgt schnell auf tatsächliche 4,7%. Bei Kampftechniklieferungen rutscht die Rentabilität oft in die Minuszahlen.

Wartung und Reparatur der Kampfflugzeuge lohnen sich auch nicht mehr. Um die großen Aufträge zu bekommen und erfüllen zu können, muss man die Produktionsanlagen erweitern und in die Umrüstung investieren. Der Haken an der Sache ist, dass nach dem geltenden Recht die Unternehmen rund 40% dieser Ausgaben aus eigenen Mitteln decken müssen. Unter solchen Umständen kann von keiner Modernisierung die Rede sein, nach Meinung von M. Pogosjan muss die Rentabilität in diesem Fall mindestens 15% betragen.

Heftige Kritik seitens der Rüstungsindustrie zwang das Verteidigungsministerium zur Ausarbeitung der neuen Richtlinien für den staatlichen Rüstungsauftrag. Anatolij Serdjukow erklärte, dass die Unternehmen ab sofort eine Rentabilität in Höhe von 20% für Erzeugnisse aus eigener Herstellung und 1% für Erzeugnisse, die von ihnen weiterverkauft werden, einplanen können. Dabei hat der Minister eine Auflage erteilt: die Gewinne müssen für die Modernisierung des Unternehmens, Verbesserung der Kampfeigenschaften der Waffen oder für die Verbesserung der Arbeitsleistung ausgegeben werden. Die Vertreter des Rüstungsministeriums erklärten, dass sie eine Rentabilität von sogar 35% durchgehen lassen, wenn die Unternehmen die tatsächlichen Selbstkosten auf den Tisch legen werden. Das neue Verfahren fand Zustimmung des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, einen Erlass gibt es aber nach wie vor nicht. Trotzdem hat A. Serdjukow vor einem halben Jahr erklärt, dass die neue Preispolitik transparenter sein wird, was die Unterzeichnung von allen Lieferverträgen mit allen Rüstungsunternehmen bis Ende Dezember ermöglichen wird.

Die Realität zeigt uns aber, dass der Minister sich wohl verschätzt hat. Generaldirektor des Verbandes der Rüstungsunternehmen des Swerdlowsker Gebiets Wladimir Schelokow vermutete in einem Gespräch mit dem Berichterstatter von "RusBusinessNews", dass erst im Februar Klarheit über den staatlichen Rüstungsauftrag herrschen wird. Das Rüstungsministerium schweigt nach wie vor über die Änderungen beim Abschluss von Rüstungsverträgen. Der Industrie ist unklar, wie die angekündigten Initiativen realisiert werden sollen. Von einer Rentabilität um die 35% hat W. Schelokow auch nichts gehört.

"Konzern "Almaz-Antej" AG hat gegenüber dem Berichterstatter von "RusBusinessNews" mitgeteilt, dass das Rüstungsministerium sich bereit erklärt hat, langfristige Lieferverträge für Technik mit langer Herstellungsdauer abzuschließen und Vorschüsse zu zahlen. Doch die Experten warnen vor der Überbewertung dieser kleinen Schritte.

Abgeordneter der Staatsduma Ivan Grachew mache auf die Tatsache aufmerksam, dass der Strompreis für die russischen Rüstungsbetriebe im Jahre 2010 höher, als für ihre amerikanischen Kollegen war. Nach seinen Informationen plant die US-Regierung in den kommenden 15 Jahren die Strompreise konstant zu halten. Die russische Regierung will den Strompreis in den kommenden 10 Jahren aber verdoppeln. Außerdem berücksichtigt das Rüstungsministerium bei dem Abschluss von Lieferverträgen keine Industrieinflation, die nach offiziellen Angaben bei 24% pro Jahr liegt. Dementsprechend streichen die russischen Unternehmen die Investitionsausgaben, um konkurrenzfähig zu bleiben, was aber in kürzester Zeit zum Kollaps der ganzen Verarbeitungsindustrie führen kann.

Vom Vorschlag der Beamten die Rentabilität auf 20% festzulegen, sind die Experten auch nicht gerade begeistert. Leiter des Beratergremiums von "Rosoboronexport" AG Alexander Brindikow erklärte während der Anhörung in der Gesellschaftskammer, dass die vorgeschlagene Lösung die Zusammenarbeit der Unternehmen, die mit solcher Mühe nach den 90-er Jahren aufgebaut wurde, zerstören wird. Das neue Verfahren wird die Industrie in die Zeiten der Naturalwirtschaft zurückversetzen. Doch das Wichtigste ist, dass das Verteidigungsministerium sich auf den ausländischen Märkten ganz anders, als auf dem Binnenmarkt, wo es archaische Spielregeln durchsetzen möchte, verhält.

Nach Informationen von A. Brindikow, gab es bei der Bestellung von israelischen unbemannten Luftfahrzeugen keine Gewinnbestimmungen für den Hersteller. Das Ministerium hat sich für die Rentabilität des französischen Hubschrauberträgers "Mistral" auch nicht interessiert. Nur der Preis spielte bei den Verhandlungen eine Rolle. Nach gleichem Szenario, so der Experte, muss das russische Verteidigungsministerium auch seine Beziehungen mit den russischen Herstellern gestalten. Dies setzt ein kompliziertes Vertragssystem voraus, doch dieser Weg ist der einzige richtige. Die Praxis zeigt, dass die staatlichen Rüstungsbestellungen in anderen Ländern auch nicht problemlos ablaufen.

In Russland können sich die Unternehmen an der Ausarbeitung des Gesetzes über die Rüstungsverträge kaum beteiligen. Nach Ansicht des Vertreters der russischen Rüstungsindustriekommission Oleg Botchkarew unterdrückt das Rüstungsministerium die Industrie mit seinen administrativen Ressourcen. Die Mitarbeiter des Militärdepartements für Preispolitik können, da die Unternehmen unterschiedliche Selbstkosten und Auslagen vorweisen, die für das Ministerium günstigeren Preise bestimmen.

Direktor des Entwicklungsdepartements des Rüstungskomplexes des russischen Handels- und Industrieministeriums Sergej Dowgutschitz ist der Meinung, dass das Verteidigungsministerium das Interesse der Industrie an neuen Entwicklungen wecken muss, indem es den Unternehmen einen Teil der Entwicklungsausgaben erstattet und die Risiken zwischen dem Auftragnehmer und dem Auftraggeber verteilt. Doch davon kann man nur träumen, die Erfahrungen aus dem Jahr 2011 und der Beginn der Rüstungskampagne 2012, so der Experte, zeigen deutlich, dass hinter den Worten des Verteidigungsministeriums über die Anreize zur Modernisierung der Industrie und die Verbesserung der Rüstungsproduktion in Wirklichkeit nichts steckt. Die Teilnehmer der Anhörung in der Gesellschaftskammer sind davon überzeugt, dass wenn man das Vertragsverfahren für den staatlichen Rüstungsauftrag 2012 nicht ändert, er genau so wie der Rüstungsauftrag 2011 scheitern wird.

Wladimir Terletzkij

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