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Verzeihen die Russen den Krieg?

Verzeihen die Russen den Krieg?

02.11.2009 — Analyse


Die bevorstehende Einweihung des Ehrenmals für deutsche Kriegsgefangene kann eine große öffentliche Resonanz hervorrufen. Der Kommentator von RusBusinessNews fand heraus, dass die historische "Versöhnung über den Gräbern" nur mit harter Mühe zustande kommt.  

Am 15. November 2009 wird auf dem Friedhof Schirokaja Retschka in Jekaterinburg das erneuerte Ehrenmal für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs offiziell eingeweiht. Im Ural befinden sich 93 Massengräber: 88 Gräberstätten im Gebiet Swerdlowsk, 3 im Gebiet Kurgan und 2 im Gebiet Tjumen.

Wie man RusBusinessNews im deutschen Generalkonsulat in Jekaterinburg mitteilte, wurde die Kriegsgräberstätte Schirokaja Retschka vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als zentrale Gedenkstätte an 13.000 deutsche, ungarische, rumänische, italienische, japanische Kriegsgefangene gewählt. Die meisten von ihnen waren deutsch. Das Projekt wurde von der Regierung des Gebiets Swerdlowsk genehmigt.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist eine humanitäre Organisation, die im Auftrag der Bundesregierung die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland erhält und pflegt. Dazu gehören das Erfassen der Informationen über die deutschen Kriegsgräber sowie Exhumierung und Umbettung von Kriegstoten an Ruhestätten. Das offizielle Leitwort des Volksbundes lautet "Versöhnung über den Gräbern - Arbeit für den Frieden".

Im Rahmen des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Russlands vom 29. Januar 1993 über die gemeinsame Fürsorge für deutsche Kriegsgräber ließ sich die deutsche Seite vertreten durch den Volksbund verpflichten, die sowjetischen Kriegsgräber in Deutschland zu erhalten und zu pflegen. Die Bundesregierung übernahm auch alle Kosten für Erhalten der Ehrenmäler für Gefallene im Zweiten Weltkrieg sowie für die auf dem Territorium des Landes liegenden sowjetischen Kriegsgräber. Als Gegenleistung darf die deutsche Seite die deutschen Kriegsgräberstätten auf dem russischen Territorium erfassen und pflegen.

Nach Angaben des Ministeriums für innere Angelegenheiten der Russischen Föderation befinden sich auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR 1.722 Kriegsgräberstätten mit über 230.000 begrabenen Kriegsgefangenen und Internierten von 2.309.000 deutschen Soldaten und Offizieren, die in der sowjetischen Gefangenschaft waren.

Bis heute errichtete der Volksbund in Russland 13 Sammelfriedhöfe und rekonstruierte 5 Gräberstätten in den Gebieten Kaliningrad, Nowgorod, Pskow, Smolensk, Twer, Wolgograd, Leningrad und Kursk und in der Region Krasnodar sowie über 100 Friedhöfe für deutsche Kriegsgefangene und Internierte in 31 Regionen Russlands.

Nicht überall in Russland werden diese Friedhöfe unter dem Versöhnungsmotto rekonstruiert. Die öffentliche Meinung bezüglich dieser Frage ist in Russland äußerst polarisiert. Keine Ausnahme bildet auch das neue Ehrenmal in Jekaterinburg. "Ich verhalte mich zur Einweihung des Ehrenmals negativ," erklärte Eduard Selenkow, Vorsitzender der Jekaterinburger städtischen Organisation der Kriegs-, Arbeits-, Militärveteranen und der Veteranen der Rechtsschutzorgane. "Die Initiatoren dieser Einweihung mussten sich wohl zuerst mit den Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges treffen und alles absprechen. So was kam nicht zustande. Ich weiß genau, dass unsere Veteranen der Idee mit dem Ehrenmal kaum zustimmen würden. Ich erinnere mich noch daran, dass gut vor 3 bis 4 Jahren in Jekaterinburg ein Treffen der Veteranen mit den Soldaten der Deutschen Wehrmacht organisiert wurde. Viele unserer Kriegsveteranen wollten zum Meeting nicht kommen." 

Es sei zu bemerken, dass sich auf dem Friedhof Schirokaja Retschka ein Kriegsehrenmal befindet, an den Platten der Anlage stehen die Namen von sowjetischen Soldaten, die während des Großen Vaterländischen Krieges in Swerdlowsker Spitalen gestorben sind. Das ist eine der wichtigsten Gedenkwachten, zu der die Kriegsveteranen jährlich am Siegestag, also am 9. Mai, unbedingt kommen. Können sie dabei ruhig die Nachbarschaft mit dem deutschen Ehrenmal tolerieren?

Die Vertreter der deutschen Bundesbehörden betonen die Notwendigkeit der Versöhnung. In diesem Jahr legte Frau Renate Schimkoreit, deutsche Generalkonsulin in Jekaterinburg, am Siegestag erstmals einen Kranz am Kriegsehrenmal nieder. "Seitens der Vertreter anderer Länder, die an dem Tag zur Kriegsgräberstätte gekommen waren, insbesondere seitens der russischen Veranstalter, habe ich keine Feindseligkeit oder Abstoßung gespürt. Ich bin der Meinung, dass wir alle, einschließlich der ehemaligen Gegner, das Andenken der Opfer dieses schrecklichen Krieges ehren können. Diese Gedenktage finde ich auch wichtig, denn sie lassen in unser Gedächtnis die Ereignisse aus der Vergangenheit zurückrufen und an die Verantwortung dafür, dass sich diese Ereignisse nie mehr wiederholen können, mahnen," so Frau Renate Schimkoreit. "Neulich haben unsere Mitarbeiter und ich das rekonstruierende Ehrenmal für deutsche Kriegsgefangene auf dem Friedhof Schirokaja Retschka besucht. Das ist eine wichtige Gedenkstätte und sie wird endlich würdig aussehen und ich freue mich darauf sehr." 

Zählen die deutschen Kriegsgefangenen, die im Ural beerdigt wurden, wirklich zu einfachen Opfern des Krieges? Was waren sie, warum durften sie nach dem Kriegsende und der Auflösung der Wehrmacht nach Hause nicht zurückkehren?

Es gehe darum, betont Alexander Smykalin, Dozent am Lehrstuhl für Geschichte des Staates und Recht an der Uraler Staatlichen Rechtsakademie, dass hier keine einfacheren Soldaten und Offiziere waren. Viele von ihnen waren in speziellen Straftruppen, wie die zweite Infanterie-Division Das Reich, die dritte SS-Panzer-Division Totenkopf, die fünfte Jäger-Division Großes Deutschland. Hier sollten auch die Mitarbeiter von Gestapo, Abwehr und anderen Sonderdiensten ihre Strafe abbüßen. Diese Leute beteiligten sich in der Regel persönlich an Erschießungen und anderen Maßnahmen zur Vernichtung der Sowjetbürger. Deswegen galten sie alle als Kriegsverbrecher und wurden vom sowjetischen Gericht laut Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 19. April 1943 "Über die strafrechtliche Verantwortlichkeit von deutsch-faschistischen Eroberern und deren Gehilfen" verurteilt. 

Nach der Meinung von Boris Kossinskij, Helfer des Diözesanbischofs der Jekaterinburger Eparchie der Russischen Orthodoxen Kirche, sollten die Grabstätten von allen Toten unabhängig davon, ob sie ein gerechtes oder ungerechtes Leben geführt haben, anständig aussehen. "Ihre Verwandten müssen ihre Gräber besuchen und pflegen können. Es kommt nur daran, wie das Ehrenmal aussehen sollte. Es sei denn eine Frage des Taktgefühls: Ob es nur ein schlichter Obelisk oder ein pompöses Monument sein soll. Es ist sehr wichtig, dass das Andenken an die Toten weder herausfordernd noch beleidigend ist. Es muss nur in keiner Auseinandersetzung mit der Geschichte sein und das Andenken an die im Kampf um ihre Heimat Gefallenen nicht kränken. Auf einem Friedhof sind ja sowohl die Heimatverteidiger wie auch die Eroberer bestattet. Die Entwickler der Idee mit dem Ehrenmal für deutsche Kriegsgefangene sollten das berücksichtigen," erklärte Boris Kossinskij RusBusinessNews. 

Das erste Erinnerungsmal für deutsche Kriegsgefangene wurde auf dem Friedhof Schirokaja Retschka 2001 errichtet. Das neue Ehrenmal ist ein Kreuz mit zwei grauen Granitstelen an den Seiten. Es sei schwer zu beurteilen, ob es versöhnend oder herausfordernd aussieht. Es kann bei verschiedenen Generationen der Uraler Einwohner absolut entgegengesetzte Gefühle hervorrufen.

Wichtig ist zu verstehen, es sei ein Ehrenmal nur für Leute und nicht für Ideen, für die sie gekämpft hatten. Die Eroberer und die Verteidiger des Vaterlandes werden im Volksgedächtnis nie zu gleichen allgemeinen Kriegsopfern. Deswegen gibt es beides die Ehrenmähler für die Helden und einfache Ehrenmäler.

Pawel Kober

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