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Über die vom Kreml kalkulierte Liebe zu AvtoVAZ

Über die vom Kreml kalkulierte Liebe zu AvtoVAZ

27.09.2010 — Analyse


Die Regierung von Wladimir Putin hat vor, die Reglements für die Fertigung ausländischer Fahrzeuge in russischen Fabriken zu verschärfen. Die Beamten verheimlichen nicht, dass diese Maßnahme darauf abgezielt ist, die strategische Partnerschaft von Renault und der "AvtoVAZ"-AG zu stärken. Der Meinung der Hersteller nach wird eine Reihe ausländischer Investoren danach aus dem Automobilmarkt aussteigen oder eine Beteiligung an den neuen Projekten ablehnen. Die Experten erklärten dem Korrespondenten der "RusBusinessNews", es solle Russland auch Renault den Rücken kehren, sobald die neue AvtoVAZ-Modellreihe in Serie gehe. 

Seit 2005 werden in russischen Fabriken ausländische Fahrzeuge gefertigt. Den weltweit führenden Fahrzeugherstellern wurden Spezialtarife für die Einfuhr von Zulieferteilen nach Russland eingeräumt, dies allerdings unter der Bedingung einer Mindestfertigung von 25,000 Fahrzeugen pro Jahr. Die zwischen ihnen und den russischen Partnern geschlossenen Siebenjahresverträge sehen eine Umstellung der "Schraubenziehermontage" auf eine gesamtzyklische Fertigung bei gleichzeitiger Kürzung der Nomenklatur der eingeführten Komponenten um 30 % vor.

Heute ist die russische Regierung mit einer solchen Regelung nicht mehr zufrieden. Premierminister Wladimir Putin erklärte bei einem Treffen mit den führenden Fahrzeugherstellern, neue Verträge könnten nur unter neuen Bedingungen geschlossen werden. Spezialtarife werden nur denjenigen Unternehmen eingeräumt, die ihr Fertigungsvolumen auf 300,000 Fahrzeuge pro Jahr erhöhen. Im sechsten Jahr müssen mindestens 60% der Montagearbeiten an Ort und Stelle erfolgen. Auch der Umfang ausländischer Investitionen wurde festgelegt: mindestens 500 Millionen Dollar in die Modernisierung eines bestehenden und über 750 Millionen Dollar in die Gründung eines neuen Unternehmens. 

Sergej Zelikow, Direktor der Agentur "AVTOSTAT", meint, bei einer verordneten Fertigung von 300,000 Fahrzeugen würde auf dem russischen Markt nicht genug Platz für alle sein. Den Unternehmen, deren Fertigungsverträge demnächst auslaufen, bleiben nur zwei Möglichkeiten: den Fertigungsumfang auszuweiten oder die Plattformen zu teilen. Der Experte schließt auch den Rückzug des einen oder anderen Herstellers nicht aus.

Viktor Loschkarjow, Assistent des Direktors der "IshAvto"-AG, erklärte den „RusBusinessNews" gegenüber, das Unternehmen Hyundai Motors Company, das im November 2010 eine Verlängerung der Montageverträge für die Modelle KIA Spectra und KIA Sorento im Ishewsker Werk geplant hatte, sei nicht bereit, in Russland unter den neuen Bedingungen zu arbeiten. Die Position der Koreaner wird von der Erklärung German Grefs, Vorstand der russischen Sberbank (Hauptkreditgeber des Ishewsker Werkes) torpediert, der verlauten ließ, IshAvto plane bis zum Jahr 2018 350000 Fahrzeuge pro Jahr zu fertigen. Die Geschäftsführung des Unternehmens betont, dass es heute selbst mit den billigen klassischen Modellen von VAZ, die seit einigen Jahren in Ishewsk montiert werden, schwierig sei, einen Fertigungsumfang von 300,000 Fahrzeugen zu erreichen.

Jekaterina Chaimenkowa, Public Relations-Direktorin der "AMUR"-AG, vertritt die Meinung, die Norm (300,000 Fahrzeuge pro Jahr) sei überhöht und nehme dem Unternehmen die Perspektive ab, mit den Inverstoren zu arbeiten, die bereit seien, schrittweise in die Fertigung zu investieren, ohne dabei Verpflichtungen auf sich zu nehmen, die die realen Marktverhältnisse bei weitem übersteigen.

Im Juli 2010 unterzeichnete die im Swerdlowsker Gebiet ansässige AMUR mit der "Renault Trucks Vostok"-GmbH ein Abkommen über die Fertigung des mittelschweren LKWs Midlum im firmeneigenen Werk. Es ist geplant, auf seiner Plattform Feuerwehr-, Schneeräum- und Müllabfuhrfahrzeuge zu montieren und diese auf den Markt in Russland, Kasachstan und Weißrussland zu bringen. Während der ersten Etappe sind keine Investitionen in die Produktion vorgesehen: Die Kapazitäten der Fabrik am Ural ermöglichen eine Montage aus SDK-Komponenten. Eine Montage der Fahrzeugkomponenten an Ort und Stelle wird für die nahe Zukunft zwar nicht ausgeschlossen, doch das Unternehmen fürchtet sich vorläufig noch davor, irgendwelche konkreten Zahlen zu nennen, die der Partnerschaft AMUR - Renault Trucks automatisch die Einräumung von Spezialtarifen zusichern.

"Wir suchen aktiv nach Investoren und Partnern für Fertigungsprojekte von LKWs und PKWs in unserem Werk", meint E.Chaimenkowa, "doch die Initiative der russischen Regierung, die Fertigungsbedingungen ändern zu wollen, kann einen Teil der Hersteller aussperren und diese in Bezug auf den Preis in offenkundig unvorteilhafte Konkurrenzsituationen bringen." 

Sergej Udalow, Exekutivdirektor der Agentur "AVTOSTAT", nimmt an, die föderalen Behörden hätten keine Wahl gehabt: Im Falle kleiner Fertigungskontingente sei es unmöglich, die Montage von Fahrzeugkomponenten zu erschließen. Russland sei heute mit der Herstellung von Sitzen und Fahrzeugteppichen nicht mehr zufrieden und beabsichtige, sich Techniken zur Motorenfertigung anzueignen. Die beste Maßnahme, sich diese anzueignen, liege darin - so der Experte - die Tätigkeit ausländischer Hersteller zu begrenzen. So sei im Grunde genommen auch China vorgegangen, das Fusionen nur unter der Bedingung einer chinesischen Übermacht gestattete. Zunächst übernahm das Reich der Mitte die Technologien, daraufhin begann es, eigene Unternehmen zur Herstellung von Fahrzeugen zu gründen. Die großen Herstellerfirmen erklärten sich mit den Spielregeln einverstanden, denn der chinesische Markt ist von eminenter Bedeutung. In Russland, so S. Udalow, gebe es außer der Festsetzung einer hohen Fertigungsnorm keine anderen Möglichkeiten, die Fertigung von Fahrzeugkomponenten in den heimischen Fabriken zu stimulieren.

Natalia Schtscherbakowa, Dienstleistungsbeauftragte für Unternehmen des Fahrzeugsektors von PricewaterhouseCoopers in Russland meint, der Markteinstieg von Herstellern von Fahrzeugkomponenten in Russland hänge nicht nur von den großen Fahrzeugherstellern ab. Im Falle kleiner Verkaufszahlen von Fahrzeugen sei es für die Montagefirmen nicht vorteilhaft, die Fertigung von Montageeinheiten in den russischen Werken zu organisieren. Einen Ausweg könne der gleichzeitige Einsatz für mehrere Unternehmen darstellen, doch dafür wären Anreize notwendig, die nur die russische Regierung schaffen könne. Dabei könnten diese aber nicht dieselben sein, die für die großen Firmen gelten, die eine Fertigung von Fahrzeugen in Russland betreiben. Wenn die Behörden nicht in der Lage seien, die Interessen der Hersteller von Fahrzeugkomponenten zu antizipieren, werde keine Verlagerung der Fertigung nach Russland stattfinden und die großen Fahrzeughersteller müssen die Montage in russischen Werken einstellen.

Die Entscheidung darüber, ob die Marktführer in Russland bleiben oder nicht, wird nicht von heute auf morgen getroffen. Die großen Hersteller müssen sich darüber im Klaren sein, ob sie die Fertigungsprozesse umstellen können. Bei einigen von ihnen endet der Vertrag erst in sieben Jahren. Vielleicht ändert sich der Markt innerhalb dieser Zeit und den ausländischen Herstellern eröffnen sich neue Arbeitsmöglichkeiten.

Im Übrigen besteht unter den Experten kein besonderer Anlass für Optimismus. Die überwältigende Mehrheit der ausländischen Firmen wird in der nächsten Zeit bei einer realistischen Betrachtung des russischen Marktes kaum in der Lage sein, ihren Fertigungsumfang zu erhöhen: Den Prognosen nach werden 2010 etwa 1,6-1,7 Millionen Fahrzeuge im Land verkauft. Dabei produzierte AvtoVAZ den Daten von PricewaterhouseCoopers nach im ersten Halbjahr 2010 200,700 PKWs. Die Daten der übrigen Hersteller klingen wesentlich bescheidener und schwanken zwischen 35,000 und 67,000. Zudem liegt bei einigen großen Herstellern eine negative Tendenz vor: der Fahrzeugabsatz der GM-Gruppe in Russland sank um 20 %, der von Ford um 18 % und der von Toyota um 15 %.

Die angeführten Zahlen beweisen, dass nur AvtoVAZ die Forderungen der russischen Regierung erfüllen kann. Das einzige Unternehmen, das auf Sondertarife der Regierung hoffen kann, bleibt somit Renault, für welches das neue Montagereglement auch konzipiert wurde, wie einige Beamte hinter den Kulissen bestätigen.

Eine Reihe von Experten vertritt die Meinung, dass auch die Franzosen sich in Russland nicht lange werden halten können: Sobald AvtoVAZ die neuen Fahrzeugmodelle übernommen hat, wird auch Renault vor die Tür gesetzt. Das französische Unternehmen erleidet zwar auch keinen Schaden: die neuen Reglements erlauben es ihm, acht Jahre lang "Schraubenziehermontage" zu betreiben und damit die Ausgaben für die gemeinsamen Projekte mit AvtoVAZ wettzumachen. Als Verlierer erweist sich hingegen wie immer der russische Mittelstand, dessen Zugang zu modernen Fahrzeugen eingeschränkt wird.

Wladimir Terletskij

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