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Das goldene russische Benzin

Das goldene russische Benzin

30.06.2011 — Analyse


Sprit wird in Russland nie billig sein. Daran sind sich die Experten sicher und betonen, dass der Spritpreis zu stark an den Ölpreis gebunden, jede Schwankung des Preises spüren die russischen Autofahrer sofort in ihrer Geldbörse. Die Öl-Unternehmen kippen während ihrer Jagd nach Riesen-Gewinnen weiteres Öl ins Feuer. Da die Regierung sich vor einem "Brand" der Unzufriedenheit fürchtet, regelt sie ab und zu die Preise. Für kurze Zeit wird Sprit billiger, doch dann macht er einen großen Sprung nach oben. Der Berichterstatter von "RusBusinessNews" hat festgestellt, dass es durchaus möglich ist die wilden Preissprünge im Zaum zu halten und den Markt vor Spritdefizit zu schützen. Doch dafür muss die Regierung zunächst die Öl-Nabelschnur durchschneiden.

Wie Benzin verdampft ist

Die Öl-Unternehmen erzählen den Russen seit mehreren Jahren Gruselgeschichten, dass Benzin eine Mangelware werden kann. Ende April 2011 sind ihre Geschichten aber wahr geworden. Benzin verschwand, oder wurde schlagartig teurer in mehr als 10 Regionen des Landes. Am schwierigsten war die Situation am Altaj, in Belgorod, Woronezh, Kemerowo, Tomsk, Tuwa und Wladiwostok. Nach Angaben des russischen Sprit-Verbandes gab es in Sankt Petersburg, Nowosibirsk und auf Sachalin Sprit-Defizit.

Einige Tankstellen der Region haben eine Abgabemenge von nur 20 Litern eingeführt, und in Tuwa kostete der beliebteste Ai92 Benzin plötzlich 50 Rubel. Freie Tankstellen erklärten, dass die Raffinerien kein Benzin mehr ausliefern und machten für kurze Zeit dicht. Also mussten die Autofahrer auf die Marken-Tankstellen ausweichen, welche auf so einen Ansturm nicht vorbereitet waren.

Die Benzinkrise hat mehrere Gründe. Der wichtigste Grund für den rasanten Anstieg der Benzinpreise ist, nach Meinung der Experten, der steigende Ölpreis. Im Mai 2011 kostete ein Barrel Öl 50% mehr, als noch im Oktober 2010. Außerdem mussten die russischen Raffinerien im Februar des laufenden Jahres nach einer Anweisung von Wladimir Putin die Preise senken. Parallel dazu sind die Benzin- und die Diesel-Steuer ab Januar um 1,5-2 fache gestiegen.

Für die Öl-Unternehmen ist es eigentlich gewinnbringender Rohöl nach Europa zu verkaufen, wo aus dem Öl hochwertiges und teures Benzin wird, als solches Benzin in Russland herzustellen. Die Unternehmen haben die Situation im 1. Quartal 2011 schamlos ausgenutzt und die Exportlieferungen um 50% erhöht (macht ca. 600 Tausend Tonnen mehr als im Vorjahr). Dazu kam es noch, dass man in Russland ab Januar 2011 kein Euro-2-Benzin mehr herstellen und verkaufen darf. Nach Angaben des Instituts WNIPI-Neft (Russisches Forschungsinstitut fuer erdoelverarbeitende Industrie), beträgt der Anteil der hochwertigen Benzine nur 40% an der Gesamtproduktion, dafür hat Heizöl einen Anteil von rund 30% (das Doppelte von dem, was in den USA und Europa hergestellt wird). Viele Unternehmen haben es nicht rechtzeitig geschafft ihre Raffinerien auf Euro-3 und Euro-4 Benzin umzurüsten. Leiterin des Energiedepartements des Instituts für Energie und Wirtschaft Maria Belowa schließt nicht aus, dass die Öl-Unternehmen den Anteil des "schlechten" Sprits absichtlich erhöht haben.

Dabei ist die Nachfrage am Benzin doch wegen der saisonalen Faktoren, als auch wegen der steigenden Zahl der PKWs deutlich gestiegen. Die Experten erklären, dass die russische PKW-Flotte die zweitgrößte in Europa ist.

Aber es gab, so Entwicklungs-Direktor des Forschungszentrums "Kortes" Pavel Strokow, keine objektiven Gründe für ein Sprit-Defizit. Die Öl-Riesen haben ihre eigenen Tankstellen immer mit ausreichend Benzin und Diesel versorgt, und die Regionen in den die großen Öl-Gesellschaften am Spritmarkt dominieren, gab es kein Benzindefizit.

Ein Rezept gegen die hohen Preise

Analytiker bemerken, dass Russland das einzige Öl-Land mit dauerhaften "Benzinsorgen" ist. So kostet zum Beispiel in Katar und Kuwait ein Liter Benzin ca. 20 Cent, in Saudi Arabien rund 10 Cent und in Venezuela und Turkmenistan Zahlen die Autofahrer nicht mehr, als 3 Cent pro Liter. Doch so billig kann Benzin nicht sein. Die Preise werden künstlich, doch Subventionen niedrig gehalten. Die Regierungen dieser Länder geben für Sprit-Subventionen Milliarden von Dollar aus, damit ihr politisches Regime in Sicherheit ist.

In Russland sieht es dagegen komplett anders aus. Den Löwenanteil des russischen Exports bilden die natürlichen Rohstoffe, darunter auch das Öl, deswegen versucht die Regierung die Haushaltskasse durch die Öl-Steuer aufzufüllen.

Nach Angaben des Instituts für Energie und Wirtschaft haben die Steuern und Abgaben einen Anteil von 50% am Benzinpreis. Für die Herstellung, darunter die Ölförderung fallen nur 30%, der Rest ist der Gewinn der Gesellschaft. Als Ergebnis verzeichnen die Öl-Unternehmen enore Gewinne und die Verbraucher müssen viel Geld für teures Benzin ausgeben.

Solche Zustände stellen die russischen Öl-Unternehmen natürlich zufrieden. Leiter des Föderalen Antimonopoldienstes Igor Artemjew ist der Meinung, dass die Öl-Unternehmen die Benzinkrise im Jahr 2011 provoziert haben, weil sie die Regierung nach der erzwungenen Preissenkung erpressen wollten. Nach der Überprüfung der Tätigkeit von Tochterunternehmen der Öl-Monopolisten in den Regionen hat Föderale Antimonopoldienst der RF im April-Mai 52 Strafverfahren gegen sie eröffnet.

Die Regierung hat beschlossen mit einem Export-Verbot gegen den Benzinmangel anzukämpfen. Im Mai hat man die Benzin-Exportsteuer im Vergleich zum Vormonat um 44%, auf 408,3 US-Dollar pro Tonne erhöht. Ab dem 1. Juni betrug sie 415,8 Dollar, wird im Juli aber auf 400,5 Dollar fallen. Außerdem hat die Regierung geplant, die Herstellung und Verkauf von Euro-2-Sprit wieder zu erlauben.

Nach Meinung des Chef-Analytikers der Finanzgesellschaft "Metropol" Sergej Wahrameew, werden die von der Regierung ergriffene Maßnahmen die Unternehmen zwingen mehr Benzin in Russland zu verkaufen, doch den Anstieg der Preise, die an den Ölpreis gebunden sind, nicht bremsen können. Laut seiner Prognose wird Benzin im Jahr 2011 um rund 8-10% teurer werden.

Außer den Not-Maßnahmen spricht sich der Föderale Antimonopoldienst für die Demonopolisierung der Branche aus. Der Föderale Antimonopoldienst schlägt vor, den vertikal-integrierten Gesellschaften zu verbieten ihre Tankstellennetze auszudehnen, wenn sie einen Marktanteil von 35-50% haben. Außerdem möchten die Antimonopolisten die Ölgiganten dazu zwingen, rund 15% ihrer Ölraffinerien an unabhängige Ölhersteller abzugeben. Das Energieministerium hätte nichts dagegen für sogar eine Raffinerie zur Verfügung zu stellen.

Doch die Experten halten dies für nutzlos. Pavel Strokow erklärt, dass die Öl-Unternehmen, die Inhaber der Raffinerien, auf keinen Fall einen Teil ihrer Leistungen abgeben werden. Sie werden solche Bedingungen aufstellen, um die "ungebetenen Gäste" möglichst fern zu halten. Wenn man aber eine Ölraffinerie den freien Unternehmen zur Verfügung stellt, werden sie die Raffinerie nicht voll auslasten können. Nach Angaben der Vereinigung der kleinen und mittleren Ölförderbetrieben von Russland, haben die "Kleinen" einen Anteil von nur 4% am geförderten Öl.

Die Einschränkung des Tankstellennetzes macht auch keinen Sinn, da die unabhängigen Trader den Sprit sowieso bei den Ölgiganten bestellen. Wenn sie ihnen keinen Sprit verkaufen würden, wären die Tankstellen leer.

Der einzige Ausweg aus dieser Situation ist, eine Pflichtabgabe eines Teils des Öl der großen Unternehmen an private Vertriebe einzuführen. Doch keiner wird sich trauen es einzuführen. Nach Berechnung des Energieministers der RF Sergej Schmatko, haben die Einnahmen und Abgaben der Ölbranche rund 52% der Haushaltskasse im Jahr 2010 ausgemacht.

Mit den Öl-Imperien ist die Regierung zu stark verbunden. Doch weitere Krisen und Preissprünge kann man durch drastische Maßnahmen vermeiden. Die Behandlung der Symptome der russischen "Benzinkrankheit" hat sich als nutzlos erwiesen. Die Experten erklären, dass der Staat die Ölförderung nicht subventionieren kann, doch die Regierung kann solche Spielregeln aufstellen, welche den Binnenmarkt vor Preissprüngen der internationalen Ölpreise schützen und zur gleichen Zeit den Ölherstellern die Arbeit unter den Bedingungen der normalen Konkurrenz ermöglichen würden.

"Die Verbraucher müssen für die Änderung der Situation an Weltmärkten bezahlen. So etwas gibt es nicht in anderen Ländern. In solchen Augenblicken müssen unsere Steuern eben eingesetzt bzw. gesenkt werden, um die Preise auf einem Niveau zu halten. Der Föderale Antimonopoldienst hat sich dafür ausgesprochen und wir halten das für richtig". - betont Pavel Strokow. Seiner Ansicht nach, muss man die Förderungssteuer von den Ölpreisen am Weltmarkt losbinden.

In der Wahlsaison 2011-2012 wird Kreml, höchstwahrscheinlich die Appetite der Öl-Riesen mit der Peitsche reduzieren, doch nach der Präsidentschaftswahlim kommenden Frühjahr werden sie ihr Zuckerbrot verlangen. Die Russen können sich keine Benzinvorräte anlegen. Ihr Einkommen wird höchstwahrscheinlich auch nicht wachsen. Die Aussicht ist trüb, die Russen werden weniger mit dem Auto fahren müssen, doch dazu sind sie noch nicht bereit. Ein Benzin-Galgen ist für Russland unvermeidlich.

Irina Rusakowa

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