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Ewige Kälte weicht zum Nordpol zurück08.12.2011 — Analyse Die Regierung des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen hat mit den Vorbereitungen zur 10. Internationalen Frostbodenkunde-Konferenz, die im Juni 2012 in Salekhard stattfinden wird. Ein solch bedeutendes "nördliches" Ereignis, welches jedes 4. Jahr von dem Internationalen Frostbodenkunde-Verband organisiert wird, empfängt Russland zum ersten Mal. Das Problem der Schmelzung des Dauerfrostbodens ist für Jamal, wo eine starke Industrieinfrastruktur geschaffen wurde, sehr aktuell. Wie der Berichterstatter von "RusBusinessNews" erfahren hat, stellt die Schmelzdynamik für die wichtigste Gasförderregion Russlands eine große Gefahr dar. Experten, welche die Wege der Erhaltung der Infrastruktur, die auf dem Dauerfrostboden errichtet wurde, besprechen, glauben, dass man in der Arktis anders vorgehen muss. Die globale Erwärmung ist für Russland ein großes Problem, da 65% des Landes Dauerfrostboden ist. Aus dem Boden im ewigen Frost werden rund 90% des russischen Erdgases und 75% des Öls, also die wichtigsten Exportgüter des Landes, gefördert. In den Jahren der Erschließung der nördlichen Gebiete wurden auf dem Dauerfrostboden Städte und Terminals, Stromkraftwerke und Flughäfen gebaut, Tausenden Kilometer Straßen und Pipelines verlegt. Eine solche entwickelte Infrastruktur hinter dem Polarkreis kann sonst kein anderes Land vorweisen, deswegen kann Russland der ganzen Menschheit zeigen, wie man die Harmonie zwischen der Industrie- und Wohnobjekte und dem Schutzes des Dauerfrostbodens herstellt. Aus dem Schätzungsbericht von "Roshydromet" wird klar, dass die Temperatur im Dauerfrostgebiet West-Sibiriens in den letzten 25 Jahren um 1 Grad angestiegen ist. In der Mitte des 21. Jahrhunderts wird die Grenze des Dauerfrostgebiets um 150-200 Kilometer nach Norden weichen. Wegen der intensiven Schmelzung des Bodens kann in einigen Gebieten die Saison-getaute Schicht sich von den tiefen Dauerfrostschichten trennen. Bereits heute nimmt die Tauschicht 2 cm pro Jahr zu. Experten sind sich einig, dass die Erwärmung nichts Gutes mit sich bringen wird. Die natürlichen Ökosysteme schaffen es nicht sich an die schnellen Änderungen anzupassen, was zu klimatischen und wirtschaftlichen Kataklysmen führen kann. Der Vertreter von "Greenpeace-Russland" Wladimir Tchuprov behauptet, dass am Jamal sich mittlerweile die Landschaft verändert, der Boden fällt ein, es verschwinden Seen von der Oberfläche, was früher nicht beobachtet wurde. Die Gewässer frieren jetzt später ein, was gewisse Probleme bei der Überführung von Rehen auf neue Weiden bereitet. Abteilungsleiter des Staatlichen hydrologischen Instituts Oleg Anisimov bestätigt die Beschleunigung der Ausspülung der Uferlinie am Hohen Norden. Jährlich gewinnt das Meer rund 30 Quadratkilometer des Landes. Auf der Küste befinden sich Häfen, Wasserturme und andere Gebäude, die nach und nach zerstört werden. Nach Meinung des Experten muss man schnellstmöglich neue Baustandards für den Hohen Norden entwickeln. Leiter des Instituts der Erd-Kryosphäre der Sibirischen Filiale der Russischen Wissenschaftsakademie Wladimir Melnikow erklärt, dass um die Pipelines, die im Dauerfrostboden verlegt sind, sich mittlerweile große Seen bilden. Die Erde quillt auf und lässt die Rohre platzen. Nach Meinung des Wissenschaftlers, muss man die Pipelines ganz anders verlegen, da für die Beseitigung der Unfallfolgen viel Geld ausgegeben wird. Probleme gibt es auch mit den Ölfeldern, wo viel Wärme abgegeben wird. Neben der Schmelzung stellt die Entstehung von neuen Frostquellen, zum Beispiel am Meeresboden eine Gefahr für die Erdölinfrastruktur dar. Manchmal werden am Meeresgrund Gas und Trinkwasser freigesetzt, die schnell zu Eisbergen einfrieren. Diese Prozesse können zu technologischen Katastrophen an den Kohlenwasserstofförderfeldern am Land führen. Der Öko-Verein "Bellona" behauptet, dass die Öl- und Gasunternehmen den Klimarisiken eine besondere Beachtung schenken müssen. Die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel können nur schwer eingeschätzt werden, entsprechende Berechnungen, so O. Anisimow, wurden nicht durchgeführt. Entwickelt wurden von russischen Wissenschaftlern, im Auftrag von "Greenpeace-Russland", lediglich die Berechnungsmethoden. Experten, die Bodenstabilisierungstechnologien für Objekte von "Gazprom" entwickelt haben, schätzen die Erhöhung der Kosten des Anfangszyklus um 3 bis 50% ein. Insgesamt aber, so W. Tchuprow, reicht es für den Kampf gegen den Klimawandel rund 1% des BIP auszugeben. Dies ist nicht so viel, wie es klingt, insbesondere, wenn man bedenkt, dass für die Beseitigung der Folgen der Bodenschmelzung bis zu 20% des BIP ausgegeben werden. Gazprom entwickelt neue Anforderungen an die Festigkeit der Konstruktionen im Falle des Anstiegs der Bodentemperatur auf 1 Grad Celsius, was nach vorläufigen Schätzungen bereits im Jahr 2050 der Fall sein wird. Doch die Ereignisse überschlagen sich und die Mitarbeiter der "Gazprom Förderung Nadym" GmbH (Gesellschaft, die am berühmten Bowanenkowskoe-Gasvorkommen arbeitet) schätzen, dass der Boden sich bei derzeitigen Dynamik in etwa 20 Jahren auf Plustemperaturen erwärmen wird. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Schwellgrenze, bei welcher der Dauerfrostboden instabil wird, bei etwa -2 Grad liegt. Die dramatischen Prozesse, die in der Natur ablaufen können nicht mehr gestoppt werden. S. Kirportin behauptet, dass die kritische Grenze bereits überschritten wurde, und eine Kettenreaktion eingesetzt hat. In der Tundra gibt es von Jahr zu Jahr weniger Weißflechte, die das Licht reflektieren und immer mehr Seen, welche die Wärme akkumulieren. Was jetzt in der Arktis abläuft sollte ernst genommen werden. Die Entscheidung über die Reduzierung der Emission hätte bereits gestern getroffen sollen, heute kann man die Zerstörungsprozesse nur noch verlangsamen. Doch in Russland gibt es noch zu viele Skeptiker, welche der Meinung sind, dass die Wissenschaftler sich an der Industrie einfach rächen. Die Ingenieure bringen nur äußerst selten die Abstürze der Masten und die Pipeline-Unfälle mit dem Klimawandel in Zusammenhang. Für Hydrologen ist dieser Zusammenhang aber klar. Experten sind sich sicher, dass die Industriestaaten kein Wettrüsten betreiben sollen, sondern die Weltwirtschaft zusammen reorganisieren müssen. Nach Meinung von Sergej Kirpotin müssen die Länder dem Ressourcen- und Stromsparen, dem richtigen Umgang mit Abfällen eine besondere Aufmerksamkeit schenken, strengere Standards einführen, die Motor- und Treibstoffeigenschaften verbessern, neue Bautechnologien anwenden etc. Wladimir Melnikow teilte "RusBusinessNews" mit, dass auf der 10. Internationalen Frostbodenkunde-Konferenz breite Diskussionsrunden, darunter über Geopolitik und sogar den Einfluss des Alls auf das Klima auf der Erde stattfinden werden. Die Wissenschaftler planen sich über die Prioritäts-Forschungsrichtungen am Polarkreis einig zu werden und die Politiker hoffen einheitliche Regeln für die Industrieentwicklung der Arktis zu verabschieden. Insgesamt werden auf der Konferenz rund 600 Experten, Prominente und Unternehmer aus 35 verschiedenen Ländern erwartet. Die Regierung des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen, die einer der Veranstalter der Konferenz "Ressourcen und Risiken der Dauerfrost-Regionen in der veränderten Welt", ist bereit 150 Studenten und junge Wissenschaftler zur Diskussion heranzuziehen und sie finanziell zu unterstützen. Der Verband der jungen Frostbodenkunde-Wissenschaftler wird den besten Vortrag bestimmen und auszeichnen. Die Regierung des Autonomen Kreises zeigt durch die Auszahlung von Stipendien an zukünftige Wissenschaftler, dass es ihr sehr wichtig ist rechtzeitig junge Spezialisten für die Arbeiten hinter dem Polarkreis auszubilden und rechtzeitig bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, um technische Unfälle im hohen Norden vorzubeugen. Wladimir Petrow |
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