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Deutschland sieht nach wie vor Perspektiven in der Zusammenarbeit mit Ural19.12.2011 — Analyse Die Wirtschaftkrise, welche die ganze Weltwirtschaft hart getroffen hat, hat auch die Entwicklungsperspektiven der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Frage gestellt. Doch Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Jekaterinburg Frau Dr. Renate Schimkoreit hat im Gespräch mit "RusBusinessNews" versichert, dass die deutsch-russische Zusammenarbeit nicht auf der Strecke bleiben wird. Der beste Beweis dafür ist die ständig wachsende Zahl der deutschen Visa, die im Ural ausgestellt werden. - Frau Dr. Schimkoreit, es sind schwere Zeiten für die Europäische Union angebrochen, die Wirtschaftskrise wird immer schlimmer. Wie wird sich die Finanzkrise auf die Zusammenarbeit von Deutschland mit den Ural-Regionen und Russland auswirken? - Sie haben Recht. Die Situation in der Europäischen Union, genauer gesagt in der Euro-Zone, ist alles andere, als positiv. Doch die Erklärungen auf dem EU-Gipfel am 7.-9. Dezember in Brüssel und die Vorschläge der Bundeskanzlerin Frau Merkel geben uns Grund zur Hoffnung. Natürlich muss man bedenken, dass die Effizienz der aktuellen Lösungen zur Überwindung der Wirtschaftskrise Zeit braucht, Monate, vielleicht Jahre. Was die Perspektiven der weiteren Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland und Deutschland und den Ural-Regionen angeht, so kann ich hier keine negativen Trends erkennen. Das erreichte Niveau wird auf jeden Fall erhalten bleiben. Die deutsche Wirtschaft hat bereits wieder das Vorkrisenproduktionsniveau erreicht, unsere Unternehmen sind mit Aufträgen gut ausgelastet. Alle Vereinbarungen mit Betrieben im Ural werden eingehalten. Wir sind nach wie vor auch sehr interessiert an russischen Investitionen in Deutschland. - Europa, insbesondere Deutschland, hat kompetente Wirtschaftswissenschaftler. Konnten die Experten denn nicht voraussehen, dass die Euro-Zone mit solchen massiven Problemen zu kämpfen haben wird? - Im Deutschen, wie auch im Russischen, gibt es ein Sprichwort "Im Nachhinein ist man immer schlauer". Viele deutsche Politiker sprechen jetzt darüber, dass die Verträge, die zur Einführung der Einheitswährung abgeschlossen wurden, für eine solche Krisensituation nicht ausreichend sind. So wurde zum Beispiel die Frage der Kontrolle, also Sanktionen gegen die Länder, die bei der Verabschiedung ihres Haushaltes keine stabile wirtschaftliche Entwicklung anstreben, nicht geregelt. Jetzt werden die Verträge entsprechend geändert, so dass die Mitgliedsstaaten der EU gegen solche Verstöße auch vorgehen können. Obwohl diese Entscheidungen erst vor ein paar Tagen getroffen wurden, war es bereits während der letzten Wirtschaftskrise, die anderthalb Jahre andauerte, klar, dass es höchste Zeit für solche Entscheidungen ist. Sie haben mich gefragt, ob es Anzeichen der Krise gegeben hat. Inhaltlich ist die Krise eng mit der Wirtschaftskrise 2007-2008 verbunden. Die letzte Krise hat europäische Länder, wie Griechenland, die bereits eine instabile Wirtschaft hatten, aus der Bahn geworfen. - Kann man denn ihre Aussage in einem Satz zusammenfassen, dass jeder Staat jetzt lernen soll, nicht über seine Mittel zu leben. - Dies ist eine gute Formulierung. Aber zuerst müssen wir eine gewisse Stabilität erreichen. - Wie hat sich denn die Krise auf die Anzahl der Visa, die vom Deutschen Generalkonsulat in Jekaterinburg ausgestellt werden, ausgewirkt? - Trotzt der Krise steigt die Zahl der ausgestellten Visa kontinuierlich. Früher haben wir bestimmte Hoch- und Tief-Zeiten beobachtet, doch jetzt ist die Nachfrage nach Visa konstant. Im Jahre 2011 werden wir weit über 37.000 Visa ausstellen. - Noch zum Visa-Thema. Die italienische Regierung wirbt aktiv für die Abschaffung der Visapflicht zwischen den Schengen-Staaten und Russland. Der nächste Schritt wäre die Ausstellung von längeren Visa. - Wir sehen das ähnlich. Wir versuchen das Ausstellen der Visa so bequem, wie möglich zu gestalten, ohne dabei gegen die Vereinbarungen unter den Schengen-Partnern zu verstoßen. - Zurück zur Wirtschaft. Der deutsche Pharma-Riese Bayer hat begonnen, mit einem uralischen Pharma-Cluster zusammenzuarbeiten. Wie wird denn die Zusammenarbeit gestaltet, und warum hat sich Bayer ausgerechnet für den Ural interessiert? - Mich freut es sehr, dass Ural und Deutschland die Zusammenarbeit in einem so hochspezialisierten Bereich wie Pharmazeutik begonnen haben. Ich hoffe, dass die Partnerschaft stabil bleibt. Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland hat an dieser Zusammenarbeit auch mitgewirkt, wir haben mehrere Treffen der Vertreter von Bayer und der russischen Teilnehmer der Non-Profit-Partnerschaft "Pharma-Cluster von Ural" organisiert. - Vor kurzer Zeit haben sie Jamal besucht. Die Halbinsel ist für Deutschland aus mehreren Gründen interessant. Einerseits ist es ein arktischer Schelf mit riesigen Gasvorkommen, andererseits wäre da noch die Zusammenarbeit im Agrar-Bereich zu erwähnen. - Diese Region hat mich unglaublich beeindruckt. Für viele Menschen ist Jamal in erster Linie ein Energielieferant, aber die Halbinsel ist auch reich an Rohstoffen und Mineralien. Allerdings ist der Abbau der Rohstoffe mit hohen Kosten verbunden. Zu erwähnen wäre, dass die Entwicklungsperspektiven der Region wesentlich breiter sind, als bloß Energie- oder Rentierfleischexport nach Europa. Der Gouverneur des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen Dmitrij Kobylkin hat mir die kurz- und mittelfristigen Entwicklungsprogramme der Region vorgestellt, in denen es zuallererst um die Entwicklung der Infrastruktur geht. Vor allem werden diese Programme den Menschen im Hohen Norden ein komfortableres Leben ermöglichen. In Salekhard habe ich gesehen, wie schnell die Stadt wächst. Auf den Baustellen dort werden moderne Baumaterialien, die gegen das harte Klima resistent sind, verwendet. Wichtig sind auch die Entwicklungsperspektiven der Verkehrsinfrastruktur, darunter der Pläne, die im Rahmen des Projekts "Industrieural - Polarural" verwirklicht werden. Die Entwicklung der Gesundheitsvorsorge in Jamal hat mich ebenfalls stark beeindruckt. Obwohl die Bevölkerung des autonomen Kreises über eine große Fläche verteilt ist, ist es der regionalen Regierung gelungen, ein Gesundheitssystem zu schaffen, welches nahezu alle Einwohner des Nordens abdeckt. Auf der Berliner Messe "Grüne Woche", die im Januar 2012 stattfindet, hat die Region vor, bestehende Kontakte in der Agrarwirtschaft auszubauen (im laufenden Jahr hat Jamal bereits 160 Tonnen Rentierfleisch im Wert von 1 Million Euro nach Deutschland exportiert - Anm. d. Red.). Außer Rentierfleisch kann Jamal dem europäischen Verbraucher viele Fischsorten anbieten, deren Qualität den europäischen Produkten in nichts nachsteht. - Jedes Gespräch über Energie und Energieressourcen, insbesondere am Beispiel von Jamal, läuft früh oder spät auf Ökologie hinaus. In diesem Zusammenhang möchten wir über die beiden Foren, die im November in Jekaterinburg stattgefunden haben und die Energie- und Ökologie-Probleme behandelt haben, reden. Was sind ihre Ergebnisse? Beide Foren sind unabhängig voneinander entstanden. Das Öko-Forum wurde vom Internationalen Handelszentrum von Tscheljabinsk organisiert. Das deutsch-russische Energieforum wurde von der russisch-deutschen Energieagentur (RUDEA) und der deutschen Energieagentur (DENA), die zusammen ein Pilotprojekt zum Energiesparen in Jekaterinburg und dem Swerdlowsker Gebiet verwirklichen, organisiert. Über die Ergebnisse des Energie-Forums kann ich leider nur wenig berichten, aber das Öko-Forum war bereits das zweite seiner Art und wird vermutlich auch in der Zukunft fortgesetzt werden. An diesem Forum hat auch ein Vertreter der Umweltbehörde der Stadt Duisburg teilgenommen. Jekaterinburg und Duisburg haben nämlich recht ähnliche Probleme und können voneinander lernen. Beide sind Industriezentren und haben mit den entsprechenden Emissionen zu kämpfen. Duisburg ist im Bereich des Umweltschutzes der Ural-Stadt um einiges voraus und ist bereit die Erfahrungen zu teilen. Entsprechende Verhandlungen mit der Stadt Jekaterinburg haben bereits stattgefunden und werden weiterlaufen. Im Ergebnis wird sicherlich das ein oder andere Projekt umgesetzt werden können. - Im November fand in Jekaterinburg ein weiteres wichtiges Ereignis statt, das erste internationale Kulturfestival der Russlanddeutschen. Wie ist denn die Idee des Festivals entstanden und fand es überhaupt Anklang? Die Vertreter der deutschen Diaspora im Ural sind sehr aktiv, vor allem in Jekaterinburg, Tjumen, Tscheljabinsk und Nizhnij Tagil. Unter ihnen sind mittlerweile auch viele Jugendliche, die in Russland ausgebildet und sozialisiert sind, aber die deutsche Kultur und Traditionen nicht vergessen wollen. Sie sehen sich als Brücke zwischen der deutschen und der russischen Kultur. Nun hat das erste Festival der Russlanddeutschen im Ural stattgefunden und der Erfolg rechtfertigt, dass weitere folgen werden. Das ist eine schöne Sache, die wir gern unterstützen.
Interview von Valentina Mazharowa |
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