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Das russische Verteidigungsministerium versteckt sich hinter einem parlamentarischen Schutzschild

Das russische Verteidigungsministerium versteckt sich hinter einem parlamentarischen Schutzschild

09.06.2012 — Analyse


Anfang Juni nimmt die russische Staatsduma in einer zweiten Sitzung den Gesetzentwurf "Über den staatlichen Rüstungsauftrag" unter die Lupe. Das von einer Rüstungskommission ausgearbeitete Dokument soll dem Krieg zwischen Rüstungsministerium und Industriellen, die einander des Fischens in trüben Gewässern verdächtigen, ein Ende setzen. Die erste Sitzung zeigte indes, dass es noch ein weiter Weg bis zum Frieden ist: Das parlamentarische Fachkomitee lehnte die für die Industriellen prinzipiellen Gesetzesänderungen ab. Der Korrespondent der "RusBusinessNews" überzeugte sich davon, dass die Beamten mit zweierlei Maß messen: Während sie die Rüstungsarbeiter dazu aufrufen, ihre Ausgaben publik zu machen, lobbyieren sie gleichzeitig das schwammig formulierte Rahmengesetz, das die Ausgabe von Budgetmitteln keineswegs durchsichtiger macht.

Der Konflikt zwischen dem russischen Verteidigungsministerium und den Industriellen schwelt bereits seit langem. Anatolij Serdjukov, der 2007 ernannte Chef des Rüstungsressorts, war in tiefer Sorge um die Qualität und die Kosten der Rüstung. All dies erschwerte die Platzierung des staatlichen Rüstungsauftrags (GOZ) außerordentlich und zog die Abstimmung der Preise für die Produktion und die Geldüberweisungen an die Hersteller um Monate in die Länge. Neben der Verzögerung rief auch die neue Ideologie des Verteidigungsministeriums Verärgerung bei den Industriellen hervor: Minimale Kosten bei maximaler Verantwortung der Unternehmen. Sanktionsstrafen, die jeder Relation entbehren, massenweise erforderliche Dokumente, Sequester offensichtlicher Aufwendungen - all das wurde zum Katalysator der Unzufriedenheit vonseiten der Rüstungsarbeiter.

Das Rüstungsressort rechtfertigte sich dadurch, dass die Rechnungslegung für Aufwendungen in der russischen Gesetzgebung nicht detailliert vorgegeben sei, was die Kontrolle der Verwendung materieller, personeller und finanzieller Ressourcen maßgeblich erschwere. Da es über keine Möglichkeit verfügte, das Wirtschaftsgebaren der Unternehmen kontrollieren zu können, machte sich das Verteidigungsministerium daran, die Preise zu drücken.

Neben den Schwierigkeiten mit der Preisbildung stieß A. Serdjukov auf eine fehlende klar definierte Gesetzgebung, die die Platzierung des Rüstungsauftrags regelt. Daneben war unverständlich, auf welche Weise Entscheidungen über den Ankauf bestimmter Produktionsgüter getroffen wurden. Versuche, dieses Relikt in Ordnung zu bringen, führten 2011 zum Zusammenbruch des staatlichen Rüstungsauftrags und zu einer neuerlichen Verschärfung der Beziehungen mit den Industriellen.

Man entschied, die im Clinch liegenden Parteien mithilfe des Gesetzes "Über den staatlichen Rüstungsauftrag" miteinander zu versöhnen. Im April 2012 nahmen die Abgeordneten der Staatsduma der Russischen Föderation den Entwurf unter die Lupe. Vladimir Komojedov, der Vorsitzende des Rüstungskommitees, brachte im Namen seiner Kollegen die Hoffnung zum Ausdruck, dass vertrauenswürdige und operative Informationen über die Ausgaben eine effektivere Verwendung der Budgetmittel, die für den Kauf von Waffen und Rüstungstechnik bewilligt werden, ermöglichen.

Nachdem sie den Gesetzentwurf untersucht hatten, kamen die Experten einhellig zur Ansicht, dass dieser weder Klarheit in die Preisbildung, noch in die Beziehungen zwischen Militär und Industriellen bringt. Den Worten von Vladimir Gutenev zufolge, des ersten Vizepräsidenten der russischen Maschinenbauvereinigung, ist die Mehrheit der wesentlichen Grundlagen und Verständnisfragen des Dokuments verwaschen formuliert. Die Ausarbeiter des Gesetzes entschlossen sich dazu, die Ausgestaltung der Rahmenthesen der Exekutive zu überlassen, d. h. der Regierung und dem Verteidigungsministerium selbst. Im Gesetzentwurf gibt es keinerlei Hinweis auf Gleichberechtigung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.

Die Versuche der Industriellen, disziplinarische, zivilrechtliche, administrative oder strafrechtliche Folgen für verspäteten Vertragsabschluss oder Zahlungsverzug festzulegen, waren nicht von Erfolg gekrönt: Das Industriekommitee, das als Co-Autor des Gesetzentwurfes "Über den staatlichen Rüstungsauftrag" fungierte, lehnte entsprechende Veränderungen ab - wie im Übrigen auch die Vorschläge über die Veröffentlichung des staatlichen Rüstungsauftrags für das laufende Jahr spätestens im Februar, über die Veröffentlichung von Rentabilitätsnormen und über die Aufnahme aller Produktionsausgaben, darunter auch für Versicherungen, Logistik usw., in die Preisstruktur.

Andrej Frolov, Experte des Analysezentrums für Strategien und Technologien, nimmt an, dass die Ablehnung der Änderungsvorschläge von solchen "Monstern" der Rüstungsindustrie wie der AG "Objedinennaja aviastroitelnaja korporazija" (Vereinigte Flugzeugbaukorporation), der Staatlichen Gesellschaft "Rostechnologii" und der AG "Objedinennaja sudostroitelnaja korporazija" (Vereinigte Schiffsbaukorporation) davon zeugt, dass das Verteidigungsministerium keine genau definierten juristischen Verpflichtungen auf sich nehmen möchte. In der Praxis bedeutet das, dass das Chaos mit der Finanzierung des staatlichen Rüstungsauftrags weiter andauert.

Igor Korotčenko, Vorsitzender des Öffentlichkeitsrates am Verteidigungsministerium, meint, dass das Rüstungsressort der Übernahme von Verantwortung keineswegs abgeneigt sei. Das Ministerium werde mit seinen Funktionen der Finanzierung des staatlichen Rüstungsauftrags und der Festsetzung taktisch-technischer Rüstungscharakteristika fertig. Lediglich die Transparenz der Verträge und die Qualität der Produktion rufen beim Militär Kopfschmerzen hervor. Der Auftraggeber möchte den Preisbildungsalgorithmus über die gesamte Produktionskette hinweg nachvollziehen können - bis hin zu Lieferanten vierter Ordnung. Der Experte ist sich bewusst, dass das alles andere als einfach wird: Die mangelnde Transparenz der Preise erlaubt es den Rüstungsarbeitern, Absprachen zu treffen und den Vertragspreis anhand der Zulieferteile um 200-300% in die Höhe zu schrauben.

Das Militär, bekräftigt I. Korotčenko, beabsichtige es, eine Rentabilität von maximal 15-20% für die Herstellung der Endproduktion zu erreichen. Der Meinung des Experten zufolge müssen sich die Industriellen, ob sie nun wollen oder nicht, damit anfreunden, dass die Transparenz der Preise für Rüstungsgüter in Russland so aussehen wird wie in den USA. Deshalb müssten die Parteien schon heute eine Vereinbarung treffen.

Währenddessen wollen die Industriellen nicht, dass eine Vereinbarung auf ihre Kosten getroffen wird. Vorläufig läuft es jedoch genau so ab: Den Worten von Vladimir Kukarskich, des Exekutivdirektors der Union von Unternehmen aus der Rüstungsbranche der Region Sverdlovsk, tragen allein die Industriellen die Verantwortung für den staatlichen Rüstungsauftrag. Diese werden auch materiell benachteiligt: Der Experte bestätigt, dass der staatliche Auftraggeber die Aufwendungen der Industriellen für den Unterhalt ihrer Sozialsphäre hartnäckig nicht in die Vertragskosten mitaufnehmen möchte. Es liegt auf der Hand, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird: Das Verteidigungsministerium hält es für möglich, Sportstätten und Sanatorien in seiner Bilanz aufzulisten, spricht Industrieunternehmen, die für den Staat arbeiten, dieses Recht hingegen ab.

Die Probleme mit dem staatlichen Rüstungsauftrag können Anatolij Serdjukov das Ministerialamt kosten. Nun gut, er wurde zwar in die neue russische Regierung aufgenommen, die Regulierung der Konfliktbeziehungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer wurde jedoch dem Vizepremier Dmitrij Rogozin übergeben. Dieser ist in naher Zukunft auch für den Posten des russischen Verteidigungsministers vorgesehen.

Vladimir Terlezkij

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