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Völkerschutz mit allen Mitteln

Völkerschutz mit allen Mitteln

14.12.2012 — Analyse


Die Erdgasschatzkammer Russlands, der Autonome Kreis der Jamal-Nenzen verändert sich von Tag zu Tag. Nach der Erschließung der neuen Vorkommen in der Region, wird auch die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut. Gleichzeitig werden die Landstraße Nadym-Salechard und die Eisenbahnstrecke Obskaja-Salechard-Nadym-Pangody-Nowyj Urengoj-Korotchaewo gebaut. Geplant sind der Bau eines Seehafens und die Entwicklung der Flughäfen. Wie der Gouverneur von Jamal Dmitrij Kobylkin in einem Interview mit "RusBusinessNews" erklärt hat, ist es nur ein kleiner Teil der Pläne für die Veränderung einer der bedeutendsten russischen Regionen.

-   Herr Kobylkin seit bereits drei Jahren regieren Sie die Region. Welche Erfolge konnten Sie verzeichnen?

-  Nach Angaben des Ministeriums für regionale Entwicklung gehört Jamal heute zu den Spitzenreitern im Bereich des Bauwesens. Anders gesagt ist der Kreis zu einer riesigen Baustelle geworden, denn das Volumen der Kapitaleinlagen nach dem zweckgebundenen Investitionsprogramm des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen ist, im Vergleich zu 2010, um 4 Mal gestiegen! Mit Unterstützung der Unternehmen aus dem Öl- und Energiesektor werden im Jahr 2012 über 330 Objekte, wie neue Kindergärten, Schulen, Sportanlagen, nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Lande, projektiert und gebaut.

Zu den Prioritätsrichtungen gehört ebenfalls der Wohnungsbau. In den letzten drei Jahren haben wir etwa 500 Tausend Quadratmeter Wohnfläche gebaut. Bis zum Jahr 2015 sollen, unter Berücksichtigung der Neubaugebiete in Tjumen, 500 Tausend Quadratmeter gebaut werden.

Ein weiterer Erfolg ist, dass wir Jamal in die Geburtenrate-Top-10 der russischen Regionen katapultiert haben. In den letzten 10 Jahren stieg die Bevölkerungszahl der Region um 40 Tausend Personen an. Doch unsere Aufgabe ist nicht nur bloße Erhöhung der Bevölkerungszahl, sondern Schutz des Lebens und der Gesundheit jedes Einwohners. Deswegen wurde das Jahr 2013 zum "Jahr des Völkerschutzes" erklärt.

-  Anfang 2012 wurde am Jamal das Programm der Lebensmittelsicherheit verabschiedet. Ist denn das Programm im Hohen Norden überhaupt realisierbar?

-  Das Ziel des Projekts ist die 100%-ige Versorgung der Einwohner mit eigenen Lebensmitteln. Die Aufgabe ist zwar sehr anspruchsvoll, doch durchaus umsetzbar.

Bislang ist unser größter Erfolg die Herstellung von Rentierfleisch. Im Jahr 2012 haben wir nach Deutschland und Finnland über 450 Tonnen Öko-Diätfleisch im Wert von 2,5 Milliarden Euro exportiert. In diesem Jahr werden wir 2100 Tonnen Rentierfleisch, rund 200 Tonnen mehr, als im Vorjahr, herstellen. Wir konnten die Produktion durch die Inbetriebnahme der neuen Schlachtanlage im Jamalskij Bezirk erhöhen. Im Jahr 2013 werden ähnliche Anlagen im Priuralskij Bezirk, und danach im Tasowskij und Nadymskij Bezirken entstehen.

Was andere Bereiche angeht, stehen wir erst am Anfang unseres Weges. Die Region ist zu 74% mit eigenem Fisch, zu 30% mit eigenem Fleisch und nur zu 1% mit eigener Milch und Milcherzeugnissen versorgt. Um die Statistik zu verbessern, werden im Kreis Gemüseanbau-, Milchkuhhaltungs-, Schweinezucht- und Geflügelzuchtprojekte umgesetzt. Darüber hinaus werden wildwachsende Pflanzen und Beeren gesammelt und verarbeitet. In kürzester Zeit sollen am Jamal 11 Rindviehzuchtkomplexe, 5 Geflügelfarmen und 6 Schweinefarmen gebaut bzw. modernisiert werden. Um die Verarbeitung von wildwachsenden Beeren zu gewährleisten werden Mini-Anlagen und 2 Verarbeitungswerke gebaut. Derzeit werden Projekte für Bau von Gewächshäusern, die mit Gas- und Wärmeenergie beheizt werden, entworfen.

Vor uns stehen noch viele Aufgaben. Die Landwirtschaft von Jamal benötigt hochprofessionelle Mitarbeiter, die Unternehmen müssen modernisiert und energieeffizienter werden, die Verkehrs- und Logistikinfrastruktur braucht dringend einen Schub nach vorn.

- Zurück zum Verkehrsproblem… Heute ist die Straßendichte am Jamal, wegen den geografischen und sonstigen Besonderheiten der Region, um 20 Mal niedriger, als im gesamtrussischen Durchschnitt.

-  Ich werde ständig gefragt, wann wir die Straße Nadym-Salechard endlich fertig kriegen. Diese, für Jamal so wichtige, Straße wird schneller, als geplant gebaut. Im Jahr 2015 soll sie eröffnet werden. Nach ihrer Eröffnung wird das Frachtaufkommen bis zum Jahr 2020 auf 100 Millionen Tonnen pro Jahr ansteigen, was die Versorgung der Gemeinden der Region mit den wichtigsten Produkten zu erschwinglichen Preisen gewährleisten wird.

-   Bis jetzt bleiben die Flugzeuge das wichtigste Verkehrsmittel im Norden...

-   Ja, das stimmt. Wir arbeiten auch an dem Ausbau des Flugnetzes weiter. In den letzten 2 Jahren haben wir 16 Flugzeuge erworben. Am Jamal wird das regionale Flughafenausbauprogramm bis zum Jahr 2020 verwirklicht. In diesem Jahr haben wir mit der Rekonstruktion der Start- und Landebahn und des Terminals in der Stadt Krasnoselkup begonnen. Erneuert wurde der Park der Sondereinsatzfahrzeuge in Salechard, Nadym, Tarko-Sale, im kommenden Jahr ist Nowyj Urengoj an der Reihe.

Dank dem Erlass des russischen Präsidenten werden die größeren Flughäfen jetzt vom Kreis verwaltet. Für das nächste Jahr sind großangelegte Rekonstruktionen der Flughäfen von Salechard und Nowyj Urengoj geplant, die danach den Status eines internationalen Flughafens bekommen sollen.

-    Es sind aber nicht alle Verkehrsprojekte von Jamal?

-    Selbstverständlich nicht. Wir planen den Wiederaufbau der Nordmeer-Route über das Werk Jamal-SPG und den Hafen Sabetta. Der Hafen wurde, übrigens, zu einem der größten Investmentprojekten in Russland erklärt.

Aussichtsreich ist der Bau der Nordbreitenweges, der Eisenbahnstrecke von 707 Kilometer Länge, zum Preis von 154 Milliarden Rubel. Diese Strecke soll die Städte und Bezirke von Jamal miteinander verbinden und sie an das russische Eisenbahnnetz anschließen. Ich möchte betonen, dass der Nordbreitenweg nicht nur für Ural von Bedeutung ist. Wenn die Eisenbahn bis zum Hafen Sabetta verlängert wird, dann erhalten wir statt eines Mono-Hafens einen Mehrzweck-Verkehrsknoten der Nordmeer-Route. Damit können den Gas vom Jamal, das Getreide aus Sibirien, Metall vom Ural, Kohle aus Kuzbass, Ölprodukten aus Tatarstan und Baschkirien exportieren…

Wir dürfen nicht vergessen, dass durch Jamal die Nordeisenbahn, die vom Westen Russland bis zur Republik Komi führt, verläuft. In Zukunft werden viele Regionen, die keinen direkten Arktis-Zugang haben, einen zuverlässigen Lieferweg durch den Norden bekommen.

Für die Verwirklichung des Verkehrs- und Logistikprojekts haben wir einen wichtigen Vorteil. Paris und Peking sind von uns gleich entfernt. Das bedeutet, dass wir die Märkte von Asien, Europa und Amerika miteinander verbinden können. Wenn dies geschieht, werden wir die Transsibirische Eisenbahn entlasten, die Lieferwege für viele russische Regionen verkürzen und ein gleichberechtigter Partner auf dem Weltmarkt werden. Natürlich werden Jahre benötigt, um ein solch ehrgeiziges Vorhaben zu verwirklichen.

-   Welche Pläne haben sie in Bezug auf den wichtigsten Wirtschaftssektor von Jamal, die Erdöl- und Gasbranche?

-   In acht Monaten des laufenden Jahres haben die Unternehmen vom Jamal in den realen Wirtschaftssektor des Kreises über 280 Milliarden Rubel investiert. Der Großteil der Investitionen ist das Geld der Erdöl- und Gasbranche.

Im laufenden Jahr wurden die Arbeiten am Samburgkoe- und Medwezhje-Vorkommen wieder aufgenommen. Im Herbst hat "Sibur" das Gasaufbereitungswerk von Vyngapur in Betrieb genommen. Im Oktober wurde das einzigartige Bowanenskoe-Vorkommen offiziell eröffnet. Derzeit wird dort noch nicht so viel Gas gefördert, nach Plänen von "Gaszprom" sollen es im Jahr 2013 bereits 46 Milliarden, und im Jahr 2017 über 115 Milliarden Kubikmeter Gas werden.

"NOVATEK" begann mit dem Bau des Jamal-SPG-Werkes, welches rund 15 Millionen Tonnen flüssiges Erdgas herstellen wird. Dieses Projekt entsteht auf Ressourcenbasis des Juzhno-Tambejskoe-Gaskondensatvorkommens und sieht die Schaffung von Infrastrukturobjekten, darunter eines Flughafens und Seehafens in Sabetta vor. Der geschätzte Wert der letzten Projekte beträgt 20 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2014 plant "NOVATEK" die Produktionsleistung des Kondensatverarbeitungswerkes Purowsky zu erhöhen. Darüber hinaus soll der Bau des Gas-Chemie-Komplexes in Nowyj Urengoj abgeschlossen werden.

Bis zum Jahr 2016 soll mit der Förderung am Kharasawejskoe-Vorkommen begonnen und der Bau der Pipelines Bowanenkowo-Uhta-Torzhok und Aktis-Purpe-Samotlor abgeschlossen werden. Die letzte Pipeline wird auch von den größten Erdölvorkommen von Jamal genutzt. Dies ermöglich mehr "schwarzes Gold" sowohl innerhalb von Russland, als auch in die Länder des asiatisch-pazifischen Raumes zu transportieren.

-  Wird denn bei einem solchen Anstieg des Ressourcenverbrauchs der Umweltschutz nicht außen vor bleiben?

-  Sie haben durchaus Recht. Für uns ist es wichtig, sehr vorsichtig zu handeln, um der Natur nicht zu schaden und die Lebensweise der Ureinwohner nicht zu beeinträchtigen. Symbolisch ist, dass das Jahr 2013 in Russland zum "Jahr des Umweltschutzes" erklärt wurde. Den Aufbau eines Gleichgewichtes zwischen dem Wirtschaftswachstum und Umwelt begannen wir mit der Insel Belyj. Freiwillige Helfer haben eine Fläche von rund 6 Tausend km² saniert und 75 Tonnen Metall und Müll auf der Insel gesammelt.

Im nächsten Jahr soll am Jamal das Gipfeltreffen der Mitgliedsstaaten des Arktischen Rates, bei welchem die Fragen der Umweltsicherheit besprochen werden, stattfinden. Jamal kann und muss, wegen der einzigartigen Lage, zum Zentrum für Neuentwicklungen auf dem Gebiet des Umweltschutzes werden. Diese Ansicht teilen auch andere Arktis-Regionen. Im Juni 2012 wurde während der Frostbodenkunde-Konferenz eine Resolution über Notwendigkeit der Gründung eines internationalen wissenschaftlichen Zentrums am Jamal von den Vertretern von 31 Staaten unterzeichnet.

Und das Wichtigste zum Schluss. In diesem Jahr führte Jamal, gemeinsam mit dem russischen Wetterzentrum eine wissenschaftliche Expedition "Jamal-Arktis 2012" durch. Die ersten Daten lassen hoffen, denn laut ihnen gibt es keinen Grund über eine kritische Verschmutzung und deutlichen Rückgang der biologischen Ressourcen zu sprechen. Aus diesem Grund ist unsere wichtigste Aufgabe, das zu erhalten, was unsere Vorfahren erhalten haben.

 

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