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Worüber spricht man im Bus

Worüber spricht man im Bus

18.12.2012 — Analyse


Über Kinder, Wetter Fußball. Über Politik oder Familie. In den Bussen trifft und verliert man Menschen. Manchmal kommen hier Menschen zur Welt, oder scheiden hier aus der Welt. Ein Bus ist der Spiegel des Lebens. Und die Welt der Busse ist BusWorld.

Der grauhaarige Belgier Luc Glorieux fährt aus einem Vorort nach Brüssel mit dem Bus. Er hat ein Auto, er kann mit dem Zug fahren, er wählt aber den Bus. Die einfachste Erklärung dafür wäre, dass er der Gründer von BusWorld ist. Aber nein, Luc ist einfach ein mitdenkender Europäer. Er möchte die Umwelt nicht mit den Abgasen seines Autos belasten, denn er atmet selbst diese Luft ein. Er möchte seine Zeit nicht hinter dem Steuer verschwenden, er schaut sich lieber die Natur an. Der Zug kommt auch nicht in Frage, weil er nicht in der Nähe seines Hauses hält. Also bleibt nur der typische Pendlerbus aus dem Vorort nach Brüssel. 

Wir sitzen mit Luc im Pressezentrum der BusWorldAsia-2012, und er versucht die Antwort auf meine Frage "Warum werden in Russland keine guten Busse gebaut?" zu formulieren. Die Frage ist recht provokativ, denn die Antwort ist mir bekannt. Ich möchte einfach sehen, wie der diplomatische Luc die passenden Worte finden wird, um zu sagen, dass in Russland niemand gute Busse braucht.

Seit zwei Jahren beobachte ich die BusWorld. Doch nie zuvor dachte ich über die Globalität der Bus Welt nach, egal an welchem Ort der Welt ich mit dem Bus fuhr. Wer fährt denn überhaupt mit dem Bus? Arme Afrikaner, die europäische Mittelschicht, die reichen Fußballprofis. Ja, selbst die Fußballprofis fahren mit ihrem Vereinsbus zu Spielen der Champions League. Also sind sie auch in dieser Welt. In der Welt der Busse.

BusWorld ist eine einzigartige Institution, die vor 40 Jahren gegründet wurde. Damals war die Welt noch völlig anders. Das alte Europa lebte in seinen Grenzen, in der historischen Entwicklung und Weltwahrnehmung. Es gab den kalten Krieg, aber keinen Internet. Der Bus, der in vielen Städten Europas immer noch seine Sonderspuren hat, war für viele Menschen mehr, als nur ein Verkehrsmittel. Vor 12 Jahren ging die BusWorld über die europäischen Grenzen hinaus. Und heute sind die Ergebnisse des Vordringens deutlich zu sehen, vor allem in China, wo bereits zwölf Bus-Messen stattfanden.

Luc Glorieux ist ein Idealist. Vielleicht sogar ein Sozialist. In diesem Frühjahr sprach er bei der Eröffnung von BusWorld Turkey darüber, dass der Bus ein Mittel der Gleichberechtigung ist. Mit Hilfe der Busse haben selbst die ärmsten Menschen auf unseren Planeten ihr Stück Bewegungsfreiheit. Sie können aus ihrem armen Dorf in die Stadt fahren, um dort Geld zu verdienen, Verwandte zu besuchen, oder dem Krieg zu entkommen.

In der Tat ist nahezu jeder Mensch auf der Welt zumindest einmal in seinem Leben mit dem Bus gefahren. Für viele von uns ist der Bus eine Kindheitserinnerung. Und die Veranstalter von BusWorld schenkten den Kindern auch wenn es recht sonderbar klingt, ihre Aufmerksamkeit.

Ihre Ideen erinnern an die Regenbogenfarben. Bis vor Kurzem lag Grün im Trend. An dem E-Stadtbus arbeitete man nicht nur in Europa. In diesem Frühling präsentierte Otokar den ersten E-Bus in Istanbul, im Herbst folgte Jiangsu Alfa Bus in Guangzhou.

In diesem Jahr hat Gelb auf der Ausstellung, die am 22.-24. November in der südchinesischen Stadt stattfand, die Oberhand. Ab der BusWorld Asia -2012 rücken die Schulbusse auf jeder Messe, ob in Belgien, Russland, Indien, Türkei, oder China, in den Vordergrund.

Für uns alle ist ein gelber Schulbus ein Symbol der USA. Bemerkenswert, dass es in Belgien gat keine Schulbusse gibt. Und die Fragen der Sicherheit und des Vorranges des Schulbusses auf den Straßen sind ein Thema von ernsthaften öffentlichen Diskussionen in Europa. Die Entwicklungsländer stecken aber noch weit dahinter.

Auf der Konferenz der Verbraucher und Experten, die zum ersten Mal während der BusWorld ausgetragen wurde, haben die Experten viele Aufnahmen aus chinesischen Dörfern gezeigt. 

Wie zwei Dutzend Schulkinder einen alten Bus, Mini-Van oder gar einen Pferdewagen stürmen, um zur Schule zu fahren, kann man in Indien oder Südamerika fast jeden Tag sehen. In Russland ist das Bild zwar nicht so tragisch, aber die Schulbusse in den ländlichen Regionen sind alles andere als sicher und modern.

In Guangzhou sieht man, welchen Durchbruch China in den letzten zehn Jahren erlebt hat. Auf der chinesischen Messe kämpften die Hersteller Yutong und Higer auf Augenhöhe. Ihre Busse schienen wie von den amerikanischen Straßen gekommen zu sein. American-Style fasziniert mit Power, vielen Warnleuchten, aktiven und passiven Sicherheitssystemen und dem Komfort für die Passagiere. 

Die Konkurrenz in der chinesischen Auffassung des Kapitalismus gibt Yutong die Möglichkeit nicht nur um den ersten Platz auf dem chinesischen, oder asiatischen, sondern auch auf dem globalen Markt zu kämpfen. Heute verfügt dieses Unternehmen, nach Einschätzungen von BusWorld das beste Entwicklungszentrum der Welt. Und das ist die Grundlage für die führenden Marktpositionen auf allen Kontinenten in der Zukunft. 

In Guangzhou konnte sich die Jury nicht entscheiden und hat 2 erste Preise verliehen. Die Erfolge von Higer und Yuotong sind in vielerlei Hinsicht die Ergebnisse der Staatspolitik in diesem Bereich. Jetzt kommen die Zahlen. 72,7 Milliarden US-Dollar. Diese Summe wird die chinesische Regierung in den kommenden 10 Jahren für den Erwerb von Schulbussen bereitstellen.

Wenn man die Summe in Rubel umrechnet, erhält man etwa 2,2 Trillionen. Oder 220 Milliarden Rubel pro Jahr. Im Jahr 2013 werden die Bildungsausgaben in Russland nur 597 Milliarden Rubel betragen. Hier sind die unterschiedlichen Herangehensweisen deutlich zu sehen.

"Die Zukunft des Schulbusses ist die Zukunft von China" behauptet der Gründer von U.S. National School Bus Safety Week Dick Fischer. Der Experte mit der 50jährigen Erfahrung weiß, wovon er spricht. Die jährliche Produktion von Tausenden Schulbussen bedeutet neue Arbeitsplätze, Entwicklung der nationalen Infrastruktur und, selbstverständlich die Sorge um die Sicherheit der Nachwuchsgeneration. Wer wird denn jetzt China etwas vorwerfen?

Das energische und kreative BusWorld-Team opferte in den letzten 12 Jahren viele Kräfte für die Entwicklung der chinesischen Bus-Hersteller. Keine Bus-Messe, nicht mal die in der Heimatstadt Kortrijk (Belgien) wurde jährlich ausgetragen. Die BusWorldAsia hat es erreicht. Jetzt aber wurde die Entscheidung getroffen, die Messe nur alle zwei Jahre auszutragen.

In Guangzhou wurde eine weitere wichtige Entscheidung getroffen. Ab nun wird während jeder BusWorld-Messe eine Konferenz bei welcher die Hersteller mit den Experten und Verbrauchern diskutieren werden, stattfinden. Die chinesische Diskussion war sowohl für die Industrie, als auch für die Pädagogen, die ihre Kinder in der Schule heil und unversehrt erwarten, wichtig. 

Es kommt immer wieder der Gedanke auf, dass die BusWorld sich in dem alten Rahmen sehr eingeschränkt fühlt. Was ist sie überhaupt? Eine Messe für technische Neuentwicklungen? Aber sie hat weit weniger Besucher, als eine Automesse, bei welcher Bugatti, Aston Martin, Rolls-Royce ihre neusten Modelle präsentieren. Eine andere Sache ist, dass in den Autos für eine halbe Million Dollar nur wenige, in den Bussen dafür hunderte Millionen Menschen fahren. BusWorld = BusPeople. Deswegen muss man mehr über Busse reden. Offensichtlich ist die Zeit gekommen, um ökologische, demographische und wirtschaftliche Probleme durch das Busfenster zu betrachten. Die Fenster im Bus sind größer, man sieht das ganze Panorama der Ereignisse, und nicht nur ihre Bruchteile aus dem Fenster einer Limousine.

Im Jahr 2013 werden zwei BusWorld-Messe stattfinden. Im Februar in Mumbai (Indien) und im Oktober on Kortrijk (Belgien). Im nächsten Jahr wird es klar, ob die chinesischen Metamorphosen auf die globale Bus-Welt überspringen.

Wadim Dynin, "RusBusinessNews"

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