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Geschickte Hände der russischen Ölindustrie

Geschickte Hände der russischen Ölindustrie

07.03.2013 — Analyse


Die russische Regierung verschärft die Strafen für Mehrverbrennung des Ölbegleitgases in den Fackeln. Doch selbst die riesigen Busgelder führen nicht zum gewünschten Ergebnis. Im Jahr 2012 wurde in den Vorkommen eine halbe Milliarde Kubikmeter Begleitgas mehr, als im Jahr 2011 verbrannt. Dabei vermuten die Experten, dass die Zahlen, welche die Ölindustrie angibt, stark nach unten korrigiert wurden. Der Berichterstatter von "RusBusinessNews" konnte banale Lügen und Chaos, welche im System der Begleitgaserfassung herrschen, aufdecken.

Das Informations- und Analysezentrum RUPEC, welches durch den Verband der Chemiker Russlands gegründet wurde, veröffentlichte einen Bericht über die Herstellung und Verarbeitung des Erdölbegleitgases (EBG) für das Jahr 2012. Dort lassen sich recht interessante zahlen finden. Die durchschnittliche Entsorgung des EBG betrug 75%, wobei die russische Regierung die Industrie bereits vor einem Jahr verpflichtet hat, diese Zahlen auf 95% zu bringen. Bewältigt haben diese Aufgabe nur 2 Unternehmen, die restlichen mussten eine Strafe in Höhe von 6 Milliarden Rubel zahlen.

In der Entsorgung des Erdölbegleitgases sind ebenfalls keine nennenswerten Erfolge zu verzeichnen. Die Gaswerke haben in diesem Jahr 5% mehr verarbeitet, die Förderung des EBG stieg um dieselbe Zahl an, obwohl es zwischen den beiden Werten keinen direkten Zusammenhang gibt. Von den in Russland gewonnenen 72 Milliarden Kubikmeter Erdölbegleitgas wurden 17 Milliarden, oder 2% mehr als im Jahr 2011, in den Fackeln verbrannt.

Etwas besser sieht die Situation im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen aus, wo durch die Entstehung der neuen Gasaufbereitungsanlagen und Verdichtungsstationen die Verbrennung in Fackeln um rund 26% gesenkt werden konnte. Doc selbst diese Zahlen haben die Experten nicht beeindruckt, erstens weil im Autonomen Kreis die Gewinnung des EBG rückläufig ist und zweitens weil man den veröffentlichten Zahlen nicht so Recht glauben kann.

Laut Bericht von RUPEC wurden im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen im Jahr 2012 4,29 Milliarden Kubikmeter Gas verbrannt. Diese Daten stellte dem Analysezentrum das föderale staatliche Unternehmen "Zentrale Verwaltung des Brennstoff- und Energie-Komplexes“. Später wurden diese Zahlen von Aufsichtsbehörden (Rostechnadzor (technische Aufsichtsbehörde) und Rosprirodnadzor (Umweltschutzbehörde)) und den Öl-Unternehmen korrigiert. Nach der im Februar 2013 durch die Staatsanwaltschaft von Jugra durchgeführten Prüfung stellte sich heraus, dass in den Fackeln über 5 Milliarden Kubikmeter verbrannt wurden.

Der Bezirksstaatsanwalt für Umweltschutz Michail Alschewskij erklärte in einem Gespräch mit "RusBusinessNews", dass die von der Staatsanwaltschaft ermittelten 5 Milliarden Kubikmeter sich aus den Zahlen, welche die Öl-Unternehmen bereitgestellt haben, ergeben haben. Ob diese Zahl dem tatsächlichen Stand der Dinge entspricht kann die Aufsichtsbehörde nicht sagen, weil Rostechnadzor (technische Aufsichtsbehörde) die entsprechende Prüfung der Fackeln noch nicht abgeschlossen hat. Darüber hinaus gibt es keine Daten über das auf die Gasverarbeitungsbetriebe geliefertes Gas.

Mittlerweile kann man auch ohne einen Bericht von Rostechnadzor zum Schluss kommen, dass die Öl- und Gas-Unternehmen sich in ihren Lügen verstrickt haben, weil sie den Aufsichtsbehörden jedes Mal andere Zahlen bereitstellen. Professor am Lehrstuhl für Gaschemie der russischen staatlichen Erdöl- und Gas-Universität "I.M. Gubkin" Wladimir Artjunow ist der Meinung, dass man die Zahlen der Öl-Unternehmen nicht mal kommentieren kann. "Ich habe den Eindruck, dass jeder solche Zahlen angibt, die er, oder seine Vorgesetzen sehen wollen. Deswegen wäre es für mich überraschend, wenn diese auf dem Finger gesaugten Daten Sinn ergeben würden".

Die Erdöl- und Gas-Unternehmen, die von Aufsichtsbehörden beim Lügen ertappt wurden, machen oft eine beleidigte Mine. So hat die Verwaltung von Rosprirodnadzor (Umweltschutzbehörde) im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen die "Gazpromneft-Nojabrskneftegaz" AG verpflichtet, das in einigen Niedrigdruck-Fackel verbranntes Erdölbegleitgas zu erfassen. Das Unternehmen klagte gegen diese Verordnung. Während der Gerichtsverhandlung stellte sich heraus, dass das Volumen des in den Niedrigdruck-Fackeln verbrannten EBG welches in den Berichten angegeben wurde, mit den gemessenen Werten nicht übereinstimmt.

Nach diesem Vorfall braucht man sich über die Ungereimtheiten in den Berichten der Erdöl-Unternehmen nicht zu wundern. So hat "Gazpromneft" im Jahr 2012 über 18% mehr Gas in den Fackeln verbrannt und dabei 41% mehr EBG gewonnen. Dabei stieg das Verarbeitungsniveau im Jahr 2012 in Russland nur um 0,3% an. Man muss aber anmerken, dass "Gazpromneft" bessere Verarbeitungswerte dank dem Anschluss von einigen Vorkommen an das Gasverarbeitungswerk Vyngapurowsky im Jahr 2012. die Differenz zwischen der Förderung und der Verbrennung bleibt aber nach wie vor erheblich. Nach Meinung des Leiters von RUPEC Andrej Kostin, lässt sich diese Differenz dadurch erklären, dass "Gazpromneft" Erdölbegleitgas und Erdgas aus dem Murawlenskoe-Vorkommen zusammen erfasst. Dadurch entsteht der Eindruck, als würde die Entsorgung von EBG wachsen.

Interessant sind die Berichte von "Surgutneftegaz" AG. Nach offiziellen Berichten hat das Unternehmen 95% des Erdölbegleitgases entsorgt. Doch die Experten stellen die Frage, wie das Unternehmen bei solch niedrigen Volumen der Verbrennung die langfristigen planmäßigen Abschaltungen der Verbraucher bewältigen kann? Bei A. Kostin ist der Eindruck entstanden, dass "Surgutneftegaz" eine Ersatz-Infrastruktur und Reservekapazitäten für die Gasaufnahme von abgeschalteten n Objekten hat.

Die Mitarbeiter des Instituts für Erdölchemische Synthese der russischen Wissenschaftsakademie haben gegenüber dem Berichterstatter von "RusBusinessNews" versichert, dass "Surgutneftegaz" keine Reservekapazitäten hat. Aus diesem Grund hat das Unternehmen bei Abschaltung von Verbrauchern nur 2 Wege, entweder das EBG zurück in die Erdschicht zu pumpen, oder zu verbrennen. Der dritte Weg, nämlich die Verarbeitung des wertvollen Rohstoffs in den kleinen Modulanlagen zu flüssigen Chemikalien, steht in einer sehr fernen Zukunft. Aus diesem Grund kommen die Experten zum Schluss, dass wenn das Erfassungssystem nicht richtig funktioniert, das Unternehmen aber trotzdem keinen Anstieg des Verbrennungsvolumens meldet, man dieses Unternehmen schnellstmöglich prüfen muss.

Neben den Lügen der EBG-Förderer gibt es ein weiteres Problem im System der Erfassung von Erdölbegleitgas. Die Experte behaupten dass die Mehrzahl der russischen Fackeln gar keine Zähler haben. Darüber hinaus ist das Erdölbegleitgas ein komplexes Gas, wo die verbrannten Kohlenwasserstoffe nicht genau ermittelt werden können. So hat "Gazprom", wie auch einem Experten-Internet-Forum behauptet wird, es 10 Jahre lang erfolglos versucht. Mal streikt die Technik (aktive chemische Zusammensetzung, zu hoher Druck, Schwefel), mal schwankt die Zusammensetzung des Gases. Die Zähler lügen auch. Die Experten auf dem Internet-Forum erklären, dass einige Zähler eine Abweichung von bis zu 30% zulassen. Dementsprechend kann auch das standardisierte Messverfahren nicht angewendet werden. Wenn auch etwas gemessen wird, ist oft nicht klar, was genau gemessen wurde.

W. Arutjunow ist der Meinung, dass man das Gesamtvolumen des in Russland geförderten Erdölbegleitgases nur ausrechnen und nicht messen kann. Dazu muss man den durchschnittlichen Gasfaktor (etwa 110 Kubikmeter Gas pro 1 Tonne Erdöl) nehmen und mit dem Volumen des geförderten Erdöl multiplizieren. Danach muss man aus dieser Zahl das EBG-Volumen, welches von Unternehmen verarbeitet wird subtrahieren. Diese Zahl ist das Volumen des verbrannten Erdölbegleitgases.

Die Experten sind aber der Meinung, dass man noch genauere Zahlen erhalten kann. Dazu, so Geschäftsführer von "Sibnefteawtomatika" AG Genrikh Abramow muss man verschiedene Messgeräte und Hilfsmittel, wie zum Beispiel Druck- und Temperaturfühler anwenden und die Messgeräte in den Ölvorkommen mit Wetterdaten versorgen. Dieses Verfahren ist zwar recht kostspielig, doch der Staat bekommt die Möglichkeit de genauen Wert des in den Fackeln verbrannten Geldes zu bestimmen.

Das Hauptproblem ist, dass es in Russland keinen interessiert. Die Vertreter der Öl-Unternehmen schreiben in den Internet-Foren, dass "man den Zähler, nur um die Auflagen von Rostechnadzor und sonstigen Aufsichtsbehörden zu erfüllen, braucht". Aus diesem Grund sind die Erdöl-Unternehmen nur an der Senkung der Kosten für die Installation des Zählers interessiert. Die regionalen Behörden schlagen mittlerweile in der Öffentlichkeit vor, die Strafen für die Mehrverbrennung des Erdölbegleitgases abzuschaffen und die Befugnisse zur Kontrolle der Erdöl-Unternehmen den russischen Föderationssubjekten zu übertragen.

Wladimir Terletzkij

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