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Das Uraler "Werk der Werke" will nicht sterben

Das Uraler "Werk der Werke" will nicht sterben

27.01.2010 — Analyse


Die Geschäftsführung von ZAO Maschinenbaukorporation Uralmasch erarbeitete ein dreijähriges Investitionsprogramm im Wert von 10 Mrd. Rubel. Gazprombank ist als Eigentümer des Unternehmens bereit in diesem Jahr 4 Mrd. Rubel zu investieren. Wie der Kommentator von RusBusinessNews aber herausgefunden hat, habe sich Uralmasch mit diesen Investitionen hoffnungslos verspätet: Die Engineeringpotentiale sind verloren gegangen, das Werk kann wegen der gesetzlichen und mentalen Besonderheiten Russlands billiger als in China kaum produzieren. 

Die Einzelheiten des Investitionsprogramms von Uralmasch (UZTM) gibt Gazprombank nicht bekannt: Es ist nicht klar, zu welchen Bedingungen die Bank die Geldmittel zur Modernisierung der Produktion einräumen wird, die Tätigkeitsbereiche, die wiederbelebt werden müssen, nennt man auch nicht. Die Sonne bringt es allerdings an den Tag: Der Gouverneur des Gebiets Swerdlowsk Alexander Mischarin erklärte, dass die Herstellung von Bohrausrüstungen, Hüttenanlagen und Kranausrüstungen als vorrangig gelten. Die neuen Aufträge für Erdölgewinnungs- und Sinteranlagen werden jährlich die Produktionskapazität um 50 Prozent steigen lassen.

Die Experten zweifeln mittlerweile daran, dass Uralmasch das Programm wirklich realisieren kann. Alexander Kotelnikow, ehem. Manager im Werk und heute Geschäftsführer von ZAO NPP Mashprom, nimmt an, dass der Kreditzinssatz der Gazprombank mindestens 13 Prozent sein werde. Folglich müsse auch der Aufschlag auf die Produkte von Uralmasch mit ihrem Produktionszyklus von zwei Jahren gleich hoch sein. Die Verteuerung der Anlagen um 26 Prozent nur durch den Bankkredit allein mache das Werk nach der Meinung des Experten von vornherein wettbewerbsunfähig. Alle weltführenden Hersteller von schweren Anlagen haben mit einem Zinssatz von 0,5 bis 4 Prozent zu tun.

Die führenden ausländischen Hersteller Voest Alpine, SMS-Demag, Danieli, deren Engineering bei weitem nicht billig ist, haben ihre Produktionen schon längst nach China verlegt, als Folge bieten sie die fertigen Metallkonstruktionen für 50 Cent pro Kilogramm an, während bei Russen so viel nur die Produktionsvorbereitungsphase kostet.

Russland kann mit China überhaupt nicht wetteifern: Im Reich der Mitte stellt der Staat für den Bau eines Werkes ein Gründstück kostenlos zur Verfügung, gewährt einen Kredit für 20 Jahre zu einem Null-Zinssatz, kauft die alte Produktionsstelle und rechnet diesen Betrag als Kredittilgung an. Das Resultat bleibt nicht aus: In China wachsen die Werke, die es in Europa nicht gibt, wie Pilze.

Die russische Regierung ist nur reif genug, die Hüttenindustrie und teilweise die Landwirtschaft zu unterstützen. Deswegen hat das Investieren in die bestehenden Maschinenbaubetriebe nur wenig Perspektiven, und es wird tatsächlich niemand tun. Unter den heutigen Bedingungen gibt es offensichtlich nur einen Weg zur Selbsterhaltung: Die eigenen Intelligenzpotentiale steigern und die Aufträge in China unterbringen. Einige Jekaterinburger Engineeringfirmen tun genau das und erhalten dadurch die Chance, sich beim günstigen Szenario zu großen Maschinenbaufirmen zu entwickeln.

Uralmasch ist ein klassischer sowjetischer Betrieb. Alexander Sagalowitsch, ehem. Manager von UZTM, sagt, dass sich in der Struktur des Unternehmens selbst seine Geschäftsführer nicht zurechtfinden konnten. Das unlenkbare "Werk der Werke" musste man praktisch noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts modernisieren. Man hat die Zeit verloren, deswegen begann man in den 90er direkt ins Fleisch zu schneiden: Der ehemalige Eigentümer Kacha Bendukidse ließ Uralmasch zerschlagen und verkaufte es in Teilen. Die Bohranlagen, die Produktionshallen und die Entwicklungsabteilung kaufte die Firma Integra, das wissenschaftliche Forschungsinstitut für Schwermaschinenbau mit sämtlichen Unterlagen - OAO Severstal. Einen Teil der Zeichnungen haben die Mitbewerber einfach abkopiert: Uralmasch hat den Engineeringbereich verloren. 

Mitte der "Nulljahren" hat man sich im Uralmasch besonnen und entschlossen, das Institut zurück zu gewinnen. In dieser Zeit änderte die Entwicklungsabteilung ihren Tätigkeitsbereich und verlor mehrere Fachleute. Uralmasch kaufte es zurück zweimal teurer als verkauft. Von 6.000 Mitarbeitern des Instituts sind nur 200 geblieben. Das Durchschnittsalter der Fachleute ist 50 Jahre, laut Jurij Tuwajew, Dekan der Fakultät für Mechanik und Maschinenbau der Uraler Staatlichen Technischen Universität, bestelle das Werk keine Akademiker. Beim heutigen Stand von Engineering könne Uralmasch auch sein Brand nicht mehr retten, das bei den Kunden dazu noch einen schlechten Ruf wegen der Verschlechterung der Produktqualität genießt, so Alexander Mokronossow, habilitierter Doktor der Wirtschaftswissenschaften.

Bei Erarbeitung des Investitionsprogramms rechnet Uralmasch mit der Hilfe seines Eigentümers. Gazprom habe den Mitarbeitern des Werks zufolge beschlossen, die an Integra verkauften Produktionskapazitäten zurück zu erwerben. Der Gasmonopolist änderte seine Entscheidung über den Kauf der Anlagen zur Förderung der Kohlenwasserstoffe in China - fünf der sieben Anlagen müssen nun vom Uraler Betrieb hergestellt werden.

Das Problem besteht allerdings darin, dass Uralmasch traditionell nur die Bohrtürme und Hochförderungseinrichtungen herstellt, das macht nur 30 Prozent vom Wert der gesamten Bohranlage. Mit der Komplettierung der Bohrausrüstungen befasste sich die Firma Integra. In diesem Zusammenhang ist nicht klar, was Uralmasch mit Bohrpumpen, Dieselantrieben und anderen Infrastrukturanlagen, die bei Integra geblieben sind, anfangen soll.

Auf dem Markt der Hüttenausrüstung wird es Uralmasch schwer fallen, konkurrenzfähig zu sein: In den russischen Markt sind die ausländischen Marken eingestiegen. Die Regierung der Russischen Föderation fördert sie aktiv und räumt ihnen die Erleichterungen ein. Das Magnitogorsker Hüttenkombinat wird beispielsweise von Zollgebühren und MwSt. befreit, falls es die Anlagen im Ausland kauft, und umgekehrt muss es die MwSt. bezahlen, wenn es einen Auftrag in einer russischen Firma unterbringt.

Die Versuche, die Produktion von Uralmasch zu diversifizieren, werden höchstwahrscheinlich die Situation auch nicht ändern. Seinerzeit beschloss Uralmasch die Anlagen für die Nuklearindustrie herzustellen und entwickelte sogar einen guten Portalkran. Man hat aber genug Aufträge für eine stabile Arbeit nicht akquirieren können.

Einige Uraler Experten behaupten, das wertvollste von Uralmasch sei das Grundstück, auf dem es stehe. In der Zeit der boomenden Baubranche konnte man sie mit Nutzen verkaufen. Heute aber kann man die Baufirmen auf das Werksgelände kaum anlocken. Kann eine neue Seite in die Geschichte des berühmten Werks in Jekaterinburg wirklich geschrieben werden? Gazprom sagt "ja". 

Wladimir Terlezkij

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