Die Uraler Modernisierung kann alle ernähren
04.02.2010 — Analyse
Ab Ende 2009 herrscht auf dem Uraler Markt für Engineeringarbeiten zur Modernisierung der Industriebetriebe wieder eine gewisse Belebung. Die führenden europäischen Engineering- und Maschinenbaufirmen hoffen auf den Ausbau ihrer Geschäfte im Ural. Der Kommentator von RusBusinessNews schätzte das Wettbewerbsniveau und die Perspektiven von Verbänden in diesem Bereich ein. Die Weltwirtschaftskrise wirkte sehr negativ auf die Modernisierung der Industriebetriebe im Ural. Dies haben die Engineering- und Maschinenbauunternehmen, die sich mit der Projektrealisierung zur Modernisierung oder Gründung von neuen Produktionen befassen, sofort gespürt.
"Das Jahr 2009 war ein schweres Jahr," teilte Walerij Giljow, Geschäftsführer der Niederlassung Danieli Russia Engineering (Tochterunternehmen der italienischen Firma Danieli) in Jekaterinburg, RusBusinessNews mit. "Viele Uraler Betriebe haben überhaupt auf die geplanten Projekte verzichten müssen und andere ihre Realisierung einfrieren lassen. Integrierter Bergbau- und Metallurgie-Konzern Uralskaja Gorno-Metallurgitscheskaja Kompanija (UGMK) hat beispielsweise den Bau des Werks zur Herstellung des Profilstahls in Tjumen zeitlich verschoben. Alle Produktionsanlagen für dieses Werk hat Danieli noch vor einem Jahr geliefert. Wir hoffen darauf, dass der Bau 2010 wieder fortgesetzt wird und wir die Montage der Anlagen vornehmen können. Die Realisierungsfristen der Verträge mit Serower und Tschussowskoj Hüttenwerken wurden ebenfalls verschoben."
Laut Fulvio Michelutti, dem regionalen Geschäftsführer der Niederlassung von SMS Siemag Service (Tochterunternehmen der deutschen Firma SMS Siemag) in Tscheljabinsk, haben die russischen Metallurgen in den letzten drei bis vier Jahren vor der Wirtschaftskrise in die Entwicklung von Technologien, Erhöhung der Produktqualität und Ausbau der Produktionskapazitäten aktiv investiert, neue Werke gebaut und die bestehenden Produktionen modernisiert. „Heute ist die Situation anders: Viele Projekte wurden eingefroren, die Metallnachfrage ist abgestürzt, viele Produzenten haben ihr Produktionsvolumen reduziert. Heute ist klar geworden, dass das Hauptziel und die Hauptsstrategie aller Metallurgen nicht die Steigerung der Produktionskapazitäten ist, sondern die Arbeitsoptimierung der bestehenden Produktionsanlagen und Steigerung ihrer Produktionsleistung mit einer möglichst schnellen Herausbringung der investierten Mittel," berichtete Herr Michelutti RusBusinessNews.
Nach einem Jahr der Rezession verzeichnen die Experten heute eine gewisse Erholung des Marktes. "Jetzt kehrt alles wieder zurück, und wir sprechen über die Reanimierung der früher eingefrorenen Projekte. Dies geschah Ende 2009/Anfang 2010," bestätigte Arkadij Kudrjaschow, Geschäftsführer der Engineeringfirma Chemische Systeme aus Jekaterinburg. "Das Interesse und die Nachfrage seitens der metallurgischen und chemischen Unternehmen beginnt nun wieder zu wachsen. Früher war ihre Hauptaufgabe, die gestarteten Projekte völlig zu realisieren, heute aber werden auch schon neue Programme entwickelt."
Einige Unternehmen haben die Modernisierung selbst während der Krise nicht eingestellt. Danieli setzte zum Beispiel 2009 die Zusammenarbeit mit Mechel (Montage der Anlagen im Elektrostahlwerk), mit Kamastal (Inbetriebnahme der Schmiedepresse und der Vakuumanlage für die Stahlbearbeitung), mit dem Hüttenwerk Ascha (Montage eines 120-Tonnen-Stahlofens) fort.
Es geht natürlich mittlerweile noch nicht um die gleiche Auftragsmenge wie vor der Wirtschaftskrise. Trotzdem spüren schon die Engineeringfirmen den Wiederaufbau des Uraler Marktes der Industriemodernisierung und beginnen nun aktiv zu handeln. Um den wichtigsten Auftraggebern, also den Metallurgen, näher zu sein, eröffnete SMS Siemag Ende 2009 eine Niederlassung in Tscheljabinsk, zu deren Zuständigkeitsgebiet das ganze Russland und die GUS-Staaten gehören. Die Filiale von Danieli Russia Engineering in Jekaterinburg will im nächsten Monat seinen Status erhöhen und zur Vertretung von Danieli werden.
Walerij Giljow gibt zu, der Wettbewerb unter den Engineeringfirmen sei sehr stark. Arkadij Kudrjaschow ist damit einverstanden, dass auf diesem Markt genug viele Spieler (vorwiegend russische und ausländische) da seien und dass jeder von ihnen jedoch seine eigene Nische nach der jeweiligen Spezialisierung finden könne.
Die Experten lassen die Engineeringfirmen nach ihren Tätigkeitsbereichen in drei große Gruppen einteilen. Die ersten verwenden einen komplexen Ansatz und legen Fokus auf die schlüsselfertigen Objekte. Sie erfüllen die Funktionen eines Generalplaners und eines Generalauftragnehmers. Für diese Firmen spielt es prinzipiell keine Rolle, welches Modell sie einsetzten sollen: Falls sie kein jeweiliges Verfahren besitzen, laden sie ins Projekt als Unterauftragnehmer eine Partnerfirma mit Schwerpunkt in diesem Bereich.
Die zweite Gruppe bilden die engspezialisierten Firmen, die eine konkrete Produktlinie entwickeln und produzieren und zum Beispiel Eindampfanlagen anbieten.
In die dritte Gruppe gehören die Engineeringfirmen, die sich nicht mit einem konkreten Anlagentyp, sondern mit konkreten technologischen Verfahren, wie Endtrocknung, Eindampfung, Gasreinigung etc. befassen. Zur Ausführung dieser Prozesse suchen sie in jedem konkreten Fall die ihrer Meinung nach optimalste Anlage aus.
Auf dem Uraler Markt der Industriemodernisierung überwiegen in der ersten Gruppe die ausländischen Anbieter. In der zweiten und dritten sind das russische und europäische Engineering zu gleichen Teilen vorgestellt.
Der Hauptnachteil der russischen Engineeringfirmen besteht in den fehlenden Arbeitserfahrungen und Business-Prozessen, die mehrere Jahrzehnte lang aufgebaut wurden. Im Unterschied zu Ausländern können sie dem Auftraggeber keine vielen Projekte demonstrieren, die sie in verschiedenen Teilen der Welt bereits realisiert hatten.
Aber auch die europäischen Firmen haben einen wesentlichen Nachteil. Bei der Arbeit mit dem russischen Auftraggeber haben sie es schwer, in einem Modernisierungsprojekt die gesamten Produktionsprobleme, die sich noch seit der Sowjetzeit angehäuft haben, zu berücksichtigen sowie die Abstimmungen mit dem Russischen Dienst für technische Aufsicht durchzuführen.
Deswegen sind die russischen und ausländischen Engineeringfirmen gezwungen, auf dem Uraler Markt Hand in Hand zu arbeiten. Die erste Variante dieser Kooperation, also die Übergabe einiger Arbeiten an Unterauftragnehmer, wird schon erfolgreich angewendet. Bei dem Bau der Produktion zur Schwefelsäureverarbeitung im Kupferwerk Sredneuralsk tritt als Generalauftragnehmer die kanadische Firma SNC Lavalin auf, die Planungsarbeiten und die Montage der Großanlagen haben die Uraler Firmen ausgeführt.
Die zweite Variante der Zusammenarbeit ist die Anpassung der ausländischen technischen Projekte an russische Standrads, Bedingungen und Rohstoffe seitens der russischen Unternehmen.
Zu einem Höhepunkt der Kooperation kann jedoch die Gründung von gemeinsamen Unternehmen im Ural, also von Engineeringzenteren bzw. Maschinenbauproduktionen, werden. "Heute ist unser wichtigster Partner in der Region Ural das Uraler Engineeringzentrum," so Herr Michelutti. Wir arbeiten mit ihm aktiv zusammen und haben sogar ein Joint Venture SMS Cheltek, die Halle für Reparatur von Kristallisierapparaten für die Stahlstranggußmaschinen, gegründet".
Die Experten geben aber zu, die russischen Engineeringfirmen und Maschinenbaubetriebe seien bis jetzt noch nicht vorbereitet, die gemeinsamen Unternehmen zu gründen. „Unsere Firma verfügt über Engineeringzentren in Italien, Tailand und China," teilte Walerij Giljow mit. "Wir erwägen diese Möglichkeit im Ural und verhandeln nämlich mit der Maschinenbaukorporation Uralmasch über die Gründung eines gemeinsamen Engineeringzentrums und einer Produktion, bisher aber ergebnislos. Der Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass der russische Maschinenbau seinen ausländischen Konkurrenten in seiner materiell-technischen Versorgung sehr stark nachsteht."
Der Uraler Markt der Industriemodernisierung ist wiederbelebt worden. Laut Experten haben die einheimischen Maschinenbaubetriebe die Möglichkeit, einen hohen Anteil an russischen Aufträgen zur Herstellung von Anlagen, insbesondere von Großanlagen, die man nur schwierig aus dem Ausland befördern kann, zu erwerben. Dafür muss man allerdings den Anforderungen von Engineeringfirmen entsprechen.
Pawel Kober
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