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Gouverneur Mischarin und Regionalchaosmodell in Medwjedewschen Russland

Gouverneur Mischarin und Regionalchaosmodell in Medwjedewschen Russland

17.05.2010 — Analyse


Durst nach einem Erfolg im Projekt „Kreml-2012" hat Dmitrij Medwjedew dazu geführt, ganz am Anfang seines Präsidentenwegs die möglichen Vorposten des Widerstandes zu zerstören. Für den 43-jährigen Juristen war es unbequem mit den Dinosaurier des sowjetischen Parteisystems - den 60-jährigen Leitern der russischen Regionen - zu kommunizieren, die mit den Allweisheiten der Planwirtschaft vertraut sind, sind aber nicht in der Lage eigenen Blog im Internet einzurichten.

Modernisierung Russlands verlangt in der ersten Linie deutliche politische Opfer. In den Vierspänner der schwergewichtigen Ruheständler wurden von Politologen direkt Jurij Luschkow (Moskau) - Mortasa Rachimow (Baschkortostan) - Mintimer Schaimijew (Tatarstan) - Eduard Rossel (Gebiet Swerdlowsk) eingespannt. Im Hinblick auf den Ablauf der erneuten Dienstzeit steht der Gouverneur aus dem Mittelural als Erster in der Ausscheidungsliste. Reporter der RusBusinessNews hat es versucht, sichtbare Ergebnisse des "Köpferollens" einzuschätzen. 

Beschämende Kampagne für die parteiliche "Lokomotive"

Sommer-Herbst-Intrige 2009 mit der Bestimmung des Gouverneurs von Swerdlowsk Gebiet hat einige Nerven den Beamten und Geschäftsmännern in Moskau und Ural gekostet. Kreml hat dem Gedanken abgesagt, an die Spize des "Stützrandes der Macht" den Minister für Regionalentwicklung der RF Wiktor Basargin zu stellen. Laut der Meinung der meisten Experten, wäre das die beste Lösung gewesen - aus Swerdlowsk stammender Basargin durchlief alle Stufen der Beamtenleiter und war eine Kompromißfigur sowohl für die politische als auch für die Businesselite der Region.

Die Wahl fiel auf den über vierzig Jahre alten Leiter der Abteilung für Industrie und Infrastruktur der Regierung Russlands Alexander Mischarin. In Anbetracht der Tatsache, dass sein Konkurrent Eduard Rossel war, haben viele im Swerdlowsk Gebiet erleichtert aufgeatmet - "Hauptsache, ist es nicht Eduard Ergartowitsch". Einige haben diesen Seufzer der Erleichterung bereits bereut. 

Ein halbes Jahr ist seit der Amtseinführung von Mischarin vergangen. Nach diesen sechs Monaten weiß ein Drittel der Bevölkerung des Swerdlowsk Gebiets, und das sind 1,5 Millionen, immer noch nicht, dass ein neuer Gouverneur an der Spitze steht. Und dies unter der Berücksichtigung dessen, dass im Frühling 2010 Mischarin den großen Teil der Arbeitszeit in den Besichtigungs- und Agitationsreisen durch die ihm anvertraute Region verbracht hat.

Der bedingungslose Wahlsieg der Partei "Einiges Russland" bei den Märzwahlen in die Regionale Duma war das Wichtigste. Das Mitglied des Generalrates der "Partei der Macht" Alexander Mischarin strebte es zu beweisen, dass sein Siegerrang beim Gouverneursrennen höher ist, als der bei seinem Vorgänger Eduard Rossel. Er hat es nicht bewiesen. "Einiges Russland" mit der "Dampflokomotie", dem ehrenvollen Eisenbahner Mischarin, hat nicht ein mal 40% der Wählerstimmen erreicht, während der vorherige Leiter des Gebiets regelmäßig über 50% erzielte. Jedoch zum schuldigen "Weichensteller" wurde nicht der Gouverneur sondern der Leiter des regionalen politischen Rates der Partei Wiktor Scheptiya gemacht. 

Der Direktor des Internationalen Institutes der politischen Expertise Jewgenij Mintschenko ist überzeugt: "Es wurde eine völlig unangemessene Strategie der Wahlkampagne gewählt. Und überhaupt, ein und für sich war die Kampagne empörend amateurhaft und beschämend, obwohl Gebiet Swerdlowsk über eine der besten im Land Schulen für politische Beratung verfügt".

Ungeachtet des deutlichen Fiaskos, hat "Einiges Russland" die Kontrolle über die Regionale Duma behalten, aber unglücklicherweise für Alexander Mischarin fingen die geordneten Parteireihen zusehends an, auf Minigruppen auseinander zu gehen. So war es immer im Parlament des Gebiets Swerdlowsk, aber der alte politische Fuchs Rossel verstand es "mit Peitsche und Pfefferkuchen" seine schwierigsten Projekte durch die Abgeordnetendebatten voran zu bringen. Mischarin nährt sich der Diskussion der sensiblen Frage über die Vergrößerung auf ein Drittel des regionalen Budgetdefizits -2010 unter dem Windstoß der Kritik. In jeder Hinsicht trägt seine Mannschaft die Schuld dafür.

Neue Finanzmitteln kann man nicht mit Darlehen verderben

Zum Finanzminister des Gebietes Sverdlowsk hat der Gouverneur den Sohn des guten Bekannten ernannt. Der 28-jähriger Konstantin Koltonjuk hat die staatliche technische Uraluniversität im Fach "Maschinen und Apparaten der chemischen Produktionen" abgeschlossen. Vier Jahre lang hatte er mittlere Ämter in den föderalen Ministerien inne gehabt. Nach seiner Ernennung haben die Finanzexperten einstimmig die Frage gestellt: wie wird er mit dem Budget des Gebiets Swerdlowsk zu Recht kommen, dessen Ausgabenteil 91 Milliarden Rubel überschreitet? Die Frage wurde seitens des Gouverneurs ohne Kommentar gelassen. 

Das Finanzministerium schlägt vor, das Budgetdefizit des Gebiets Swerdlowsk auf 3 Milliarden Rubel zu erhöhen, indem man ein Obligationsdarlehen unter 10% ausgibt. Das ist doppelt so hoch als Rentabilität der ähnlichen Papiere der Moskauer Stadtverwaltung. "Die Überhöhung der Rentabilität sagt über den Wunsch der Regierung, Interesse der Investoren zu wecken. Jedoch kann dies zum genauen Gegenteil führen: die hohe Rentabilität der Schuldpapiere spricht häufig über die beim Emitter vorhandenen Probleme", bemerkt der Abgeordnete der Regionalen Duma Jewgenij Artjuch

Vorbereitend auf das Darlehen, verzichtet der Ministerkabinett nicht auf das Projekt der Errichtung des Sprungbretter, welches Zweifel bei den Experten herbeiruft - es wird vorgeschlagen, allein im Jahr 2010 11 Millionen Rubel aus der regionalen Staatskasse dafür bereit zu stellen. Um Beamten des von Mischarin gebildeten Ministeriums für Informationstechnologien und Kommunikation zu unterhalten braucht man im laufenden Jahr 17 Millionen Rubeln auszugeben. Wie die Experten bemerken, kommt gerade in den EDV-Technologien die junge Frau des Gouverneurs - Inna Mischarina voran. Die regionalen Machtorgane sind bereit, 30 Millionen Rubel für die "Durchgangsausstellung" der Potentiale des Gebiets Swerdlowsk auszugeben. Die Liste der ähnlichen Ausgaben kann man fortsetzen.

"Und wo sind die Steuereinkünfte, über deren stürmischen Wachstum der Ministerkabinett siegreich berichtete?" - staunt der Abgeordnete der Regionalen Duma Andrej Alschewskich.- Es sieht so aus, als wäre die Wirtschaft der Region in so einem schlechten Zustand, dass sie nicht in der Lage ist, die Staatskasse aufzufüllen. Oder die Regierung hat sich entschieden, die Einkünfte von den Parlamentariern zu verbergen, indem sie diese in die "Sparbüchse" gelegt hat. 

Unternehmensplünderin leitet Sonderprojekte

Die Personalpolitik droht für Alexander Mischarin zur rutschigen Bananenschale zu werden. Die Geschäftsleute des Gebietes Sverdlowsk reden durcheinander über die Lähmung der ministeriellen Strukturen, der Nichtübereinstimmung zwischen verschiedenen Ämtern, der Unfähigkeit der Gouverneursmitarbeitern zur leitenden Arbeit. Dabei "toben" einige Beamter. 

Der 36-jähriger Kulturminister, Aleksej Badajew, der früher im lokalen Theaterinstitut unterrichtete, hat den Gründer des Ekaterinburger Theaters, Nikolaj Golovin, gerade erst entlassen, dessen Mitarbeiter als Antwort den Streik erklärt haben.

Leiter des regionalen Ministeriums für Verwaltung des staatlichen Eigentums Wladimir Lewtschenko, der von Mischarin aus dem Verkehrsministerium der Russischen Föderation herangezogen wurde, kann viel mehr Bewohner des Gebietes in den Zustand der Bereitschaft bringen. Er hat vorgeschlagen, das regionale Gesetz über die kostenlose Landverteilung zwecks des individuellen Wohnungsbaus "einzufrieren". Bereits 6 Tausend Menschen haben die Anträge auf Bodenanteile gestellt aber deren Anzahl ist wesentlich höher. "Grund und Boden ist unser gemeinsamer Reichtum. Und jeder Bewohner Russlands hat das Recht auf seinen Anteil" - erklärt der Abgeordnete der Duma der RF Wladimir Taskajew. - Wir lassen es nicht zu, das angenommene Gesetz abzuschaffen oder zu ändern."

Als Krönung des Ganzen hat Alexander Mischarin es fertig gebracht, die lokale Presse, die nicht nur die regionale öffentliche Meinung, sondern auch das Bild des Gebietes Sverdlowsk außerhalb der Grenzen bildet, gegen sich einzustimmen. Ein Schlag ins Gesicht der Journalistengemeinde war die Ernennung von Lilia Dolganowa, die durch die feindliche Übernahme eines Ekaterinburger Fernsehsenders im Jahr 2000 bekannt geworden ist, zum Berater des Gouverneurs in Fragen der Massenmedien. Nachdem aus der TV-Übertragung das notwendige Kapital ausgepumpt wurde, ist sie nach drei Jahren ins agrotechnische Unternehmertum übergegangen und bis heute erscheint sie nicht mehr auf der Medienlandschaft. Leiter von zwei Dutzend Fernsehsender, Zeitungen und Nachrichtenagenturen sind gegen den administrativen Aufschwung der sagenhaften Unternehmensplünderin aufgetreten, aber in der Verwaltung des Gouverneurs wurde es bevorzugt, den Protest nicht zu bemerken. Dolganowa wird der Auftrag erteilt, die Spezial-Media-Projekte des Gouverneurs zu betreuen. Eduard Rossel hat sich solche Mißachtung der "vierten Macht" im Laufe seiner fast zwanzigjährigen Leitung des Gebiets Swerdlowsk kein einziges Mal erlaubt.

"Die wirksame Impfung gegen diese Infektion, gegen das Durcheinander in der administrativen Tätigkeit, ist die vollwertige Arbeit mit den Massenmedien", - sagt der Politologe Anatolij Gagarin. - Anderenfalls treten in jeder Machstruktur Gewackel und Zerfall auf. Und die für ihre Leiter unangenehme Situation kann auf flachem Felde aus einem beliebigen Anlass entstehen."

Tempel der Spaltung

Der Konflikt mit der Öffentlichkeit Jekaterinburgs ist in 100 Metern von der Residenz des Gouverneurs entstanden. Frommer Mensch Alexander Mischarin hat sich an der Idee der Ekaterinburger Diözese entflammt, das in den 30er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zerstörte Gotteshaus der Heiligen Großmärtyrerin Ekaterina im Stadtzentrum wieder herzustellen. Die Popen planten einen Blizkrieg zwecks der Übergabe des Platzes der Arbeit, des Lieblingstreffpunktes junger Menschen nicht nur aus Ekaterinburg, an die Kirche. Auf das Beamtenkommando sind die Architekten sogar dazu gekommen, die Projektkosten des neuen Gotteshauses einzuschätzen - diese werden ca. 400 Millionen Rubel betragen.

Aber nicht hier. Zum Erstaunen der Gouverneursmannschaft aber vielleicht auch zur deren Angst haben die Bürger gezeigt, dass Jekaterinburg seinen Anspruch auf die Rolle der dritten Hauptstadt Russlands nicht nur durch die Bevölkerungszahl (1,5 Millionen Menschen), sondern auch durch seine Aktivität geltend macht. Eine Woche vor dem Besuch des Patriarchen von Moskau und ganz Russland Kirill in Jekaterinburg haben sich 6 Tausend Menschen zum Schutz des Platzes versammelt. Solche Protestaktionen hat Ekaterinburg noch nicht gesehen. Zu den sowjetischen Zeiten konnte man das Haus von Ipatjew, von wo die Familie von Nikolaj II ihre letzte Reise angetreten hat, unter dem Schutz der Nacht zerstören. Würde jetzt auf den Platz der Arbeit ein Bulldozer aufrollen, stünde auf seinem Weg ein dichter menschlicher Schutzschild. „Gotteshausskandal" hat eine gesamtrussische Resonanz bekommen und auf einmal standen in den Reihen der Gegner Mischarins sogar politisch inaktive junge Partylöwen.

"Protest war sehr erfolgreich: wir hatten das Ziel zu zeigen, dass es sehr viele Bürger gibt, denen es nicht gleichgültig ist, das Ziel, Unterschriften unter dem Appel and die Behörden gegen die Entstellung der architektonischen Gestaltung Jekaterinburgs zu sammeln und wir haben es erreicht", - betont der Initiator des Protests, Abgeordnete des Stadtrats von Ekaterinburg Leonid Wolkow

Die Priester mit dem Stein für die Grundsteinlegung des Gotteshauses und die Beamten mit den Beschlüssen über die Ausweisung von Boden und Mittelzuweisung auf den Bau des Gotteshauses mussten sich zurückziehen. Aber die Politikwissenschaftler können es nicht fassen: wie war es möglich Hals über Kopf, totale Bebauung mit den orthodoxen Gotteshäusern in einem mehrkonfessionellen Ekaterinburg zu billigen? Und wo bleibt die politische Korrektheit des neu gewählten Gouverneurs?

Die separate Uralgeschichte

Es ist nicht ausgeschlossen, dass in den Entscheidungen Alexanders Mischarin der Nachhall des vorigen Berufes zu hören ist: er hat der Eisenbahn 23 Jahre seines Lebens gegeben. Die Züge fahren gerade und unterscheiden sich bekannterweise nicht durch Manövrierfähigkeit.

Laut Jewgenij Mintschenko, wird Mischarin es sehr schwer haben, weil er sich mit der öffentlichen Politik niemals beschäftigt hat und das Gouvernement ist seine erste Erfahrung. Bis jetzt wird sie von den Experten als nicht zu erfolgreich eingeschätzt. "Mischarin muss sich aktiv entwickeln, an sich arbeiten. Wird es ihm gelingen? Schwer zu sagen".

In der politischen Geschichte Russlands wird Eduard Rossel, vor allem durch die Verkündigung der Uralrepublik in Juli 1993 in Erinnerung bleiben. Die unabhängige Enklave schaffte es, neue Verfassung anzuschaffen und hat beinah eigene Geldeinheit, den Uralfrank ausgegeben. Die Drohung der Separatismusepidemie a lá Rossel-Art hat solche schrecklichen Konturen bekommen, dass Präsident Boris Jelzin im November 1993 gezwungen war, die Verordnung über den Rücktritt Rossels vom Posten des Verwaltungschefs Gebietes Sverdlowsk zu unterschreiben.

17 Jahre später dämmerte für Russland eine neue Drohung - Verwaltungschaos in den Regionen wird zum Generator der Landesspaltung. Die Vertikale der Macht, und bei weitem nicht die der Macht des gesunden Menschenverstandes, welche beharrlich vom Kreml aufgebaut wird, macht die föderalen Strukturen zu Geiseln der Beamten auf den Stellen. Und wenn auf dem Territorium von Gebiet Sverdlowsk mit Umfang von 195 Tausende Quadratkilometer (was mit dem Gesamtterritorium von Dänemark, Island und Holland vergleichbar ist) die Macht zu einer Quelle des Durcheinanders und des Nichtprofessionalismus wird, so riskiert im öffentlichen Bewusstsein der vom Kreml ernannte Alexander Mischarin, sich in den Totengräber des Medwedewschen Russlands zu verwandeln.

Dmitrij Buzdalow

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