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Eine chinesische Spur für die russische Fahrzeugindustrie05.10.2010 — Analyse Die Holdinggesellschaft "GAZ-Gruppe" und die Gesellschaft FAW (First Automotive Works) unterzeichneten ein Memorandum über die Fertigung chinesischer LKWs im Fahrzeugwerk "Ural". Experten schätzen den möglichen Vertrag als für beide Seiten vorteilhaft ein. Der Erfolg des Projektes hängt ihrer Meinung nach ausschließlich von den Möglichkeiten und dem Wunsch der chinesischen Seite ab, in das in der Tscheljabinsker Region gelegene Werk zu investieren. Wie der Korrespondent der "RusBusinessNews" mitteilte, führten bisher alle Versuche der "GAZ-Gruppe", Fahrzeugtechnologie aus Japan und Europa nach Russland zu locken, noch nicht zum Durchbruch im Fahrzeugsektor. Die Kooperation zwischen der russischen und der chinesischen Gesellschaft setzt die Gründung eines Joint Ventures voraus, in welches die "GAZ-Gruppe" die Fertigungskapazitäten des Fahrzeugwerks "Ural" (Tscheljabinsker Region) und das eigene Servicenetz einbringt, und FAW die Technologien und den Absatzmarkt in Russland. Produktionsmodell und Produktionsumfang werden noch diskutiert. Die Russen würden den LKW gerne den Gegebenheiten ihres eigenen Landes anpassen und eigene Motoren für diesen entwickeln. Momentan stellt die "GAZ-Gruppe" in Jaroslavl die von Renault Trucks lizensierten Antriebe JAMZ-630 und JAMZ-530 her, die dank der Bemühungen russischer und österreichischer Konstrukteure entwickelt werden konnten. Die chinesische Gesellschaft zielt darauf ab, russische und ausländische Hersteller von Straßenbautechnik vom Markt zu drängen, wobei ihnen das Dealer- und Servicenetz von GAZ behilflich sein soll. Roman Susenko, Marketingdirektor der GmbH "FAW-Osteuropa", kommentiert die Unterzeichnung des Memorandums äußerst vorsichtig. Seinen Worten nach erklärten beide Seiten lediglich, dass sie nichts gegen eine Kooperation einzuwenden hätten, doch es könne sich noch alles ändern. GAZ möchte seinen eigenen Antrieb in Serie gehen lassen, doch bisher hat ihn noch niemand zu Gesicht bekommen: Die Herstellung des Antriebs JAMZ-530 beginnt im Jahr 2011. Es ist offensichtlich, dass niemand einen in der Praxis noch unerprobten Motor in einen LKW einbauen wird. Eine Entscheidung über den örtlichen Fertigungsumfang liegt bisher ebenfalls noch nicht vor. Zudem unterließ es der Manager, einen präzisen Marktanteil zu nennen, den FAW den Konkurrenten in Russland "abknöpfen" möchte. R.Susenko betonte, die chinesische Gesellschaft habe nicht vor, jemanden vom Markt zu drängen: "KAMAZ" ist zwar einer unserer Konkurrenten, doch man kann hier weder in Bezug auf den Preis noch in Bezug auf die Qualität Vergleiche mit unserem Fahrzeug anstellen. Vielmehr liegen hier verschiedene Fahrzeuge vor: FAW steht den europäischen LKWs näher als den russischen." Oleg Afanasjev, Leiter der PR-Abteilung der "KAMAZ"-Gruppe, zeigte keinerlei Besorgnis anlässlich des Markteinstiegs von FAW in Russland: "Vorläufig haben wir nur eine Ankündigung der Vorhaben gehört und keine Vorstellung davon, was sie fertigen möchten: Die Modellreihe der chinesischen Gesellschaft ist sehr groß. Daher gibt es keinen Anlass, etwas besonders zu kommentieren". Er teilte den "RusBusinessNews" mit, der Produktionsumfang von KAMAZ sei in diesem Jahr um 40% gestiegen: Das Unternehmen plane, ungefähr 30,000 Fahrzeuge zu fertigen, was einer optimistischen Entwicklungsprognose durchaus nahe komme. Das Management erwarte auch 2011 keinen wesentlichen Einbruch bei der LKW-Produktion. O.Afanasjev geht von mehr als 31,000 LKWs aus, d.h. die Herstellung übersteigt ein negatives Entwicklungsszenario. Die Chinesen sind bisher nur in sehr überschaubarem Maße auf dem russischen Markt vertreten: Am 1. Januar 2010 waren lediglich 408 mittelschwere und schwere LKWs der Marke FAW in Russland registriert. Doch Andrej Toptun, Leiter des Bereichs Marktforschung der AG "AVTOSTAT", schließt nicht aus, dass KAMAZ dennoch Einbußen erleiden könne: Wenn man eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür annimmt, dass die in Miass montierten chinesischen LKWs an Ort und Stelle gefertigt und im unteren Preissegment angeboten werden, wird das Joint Venture den russischen und weißrussischen LKW-Herstellern einen gewissen Marktanteil rauben. Der Experte ist überzeugt davon, dass das "chinesische" Projekt einen seitens der "GAZ-Gruppe" wohlüberlegten Schritt darstellt, der es ermöglicht, auf einen Schlag mehrere Probleme zu lösen: Die Fertigungskapazitäten des Fahrzeugwerks "Ural" zu nutzen und einen Absatzmarkt für die Motoren des Jaroslavler Motorenwerks zu finden. Zudem bietet sich die Möglichkeit, als einer der ersten den Schritt auf den Markt der schweren Lastwagen gemeinsam mit chinesischen Partnern zu wagen. Andrej Koržubaev, Bevollmächtigter in Kooperationsfragen mit China von der Sibirischen Abteilung der Russischen Akademie der Wissenschaften, bestätigt, dass FAW in der Klasse schwerer LKWs weltweite Standards erreicht habe und heute führender LKW-Hersteller in der Region Asien und Stiller Ozean sei. Die Chinesen stellten zunächst lizensierte Maschinen unter ihrem Markennamen her, eigneten sich dann sämtliche Prozesse im Bereich Metallverarbeitung und Gießerei an und passten die westlichen Technologien an ihre eigenen Standards an. Sie gründeten nicht nur ihre eigenen Designunterabteilungen, sondern lockten auch westliche Spezialisten durch höhere Gehälter an. Der Meinung des Experten nach verfährt China dem japanischen Modell entsprechend, zeitlich allerdings um 25-30 Jahre nach hinten versetzt. In absehbarer Zeit wird das Reich der Mitte Fahrzeuge herstellen, die dem Niveau des Landes der aufgehenden Sonne entsprechen. Momentan hat FAW ein optimales Verhältnis zwischen Preis und Qualität erreicht, weshalb sich die Gesellschaft besonders für Russland interessiert, welches den Erdöl- und Gassektor und die Bergbau- und metallverarbeitende Industrie in Ostsibirien fördert. Für die Russen, nimmt A.Koržubaev an, sei die Kooperation mit den chinesischen Fahrzeugherstellern ebenfalls von Vorteil: Sie erwerben westliche Technologien zu einem günstigen Preis und schaffen neue Arbeitsplätze. Pavel Černavin, Vorsitzender des Aufsichtsrats der AG "Uraler Fahrzeuge und Motoren", meint, die Union "GAZ-Gruppe" und FAW sei äußerst ernst zu nehmen. Der chinesische Hersteller habe seine Produktionsbasis komplett erneuert und liefere gute LKWs. Der Einstieg der rasch wachsenden Gesellschaft auf dem russischen Markt stelle sowohl für "KAMAZ" und "AMUR" als auch für eine Reihe ausländischer Hersteller (wie z.B. FOTON) eine ernstzunehmende Konkurrenz dar. Der Unternehmer betont, FAW verhalte sich auf dem internationalen Markt vollkommen korrekt - im Unterschied etwa zum Konzern Geely, der nun schon über zwei Jahre hinweg seinen Partnern am Ural eine Million US-Dollar schuldig ist. Die chinesischen Geländewagen wurde von 2007 bis 2008 in der AG "AMUR" (Sverdlovsker Region) montiert, dann jedoch platzte der Vertrag aufgrund der Weigerung der russischen Regierung, dem Projekt den Status einer industriellen Fertigung zu erteilen. Geely hält das Geld, welches es als Vorauszahlung für die Zulieferteile, die die Uraler Gesellschaft wegen des Kooperationsabbruchs nie benötigte, nach wie vor zurück. Die Experten meinen, Fälle nicht erfolgter Rückzahlungen von Seiten Geelys seien keine Seltenheit. Geely fiel auch dadurch unangenehm auf, dass es sich weigerte, sich dem russischen Markt anzupassen: 2007 verzichtete eines der Konzernunternehmen darauf, mit seiner Produktpalette den in Russland festgesetzten Qualitätsstandards Rechnung zu tragen, weshalb die Distributoren die erforderlichen Fahrzeugzertifikate nicht erhalten und sie demzufolge auch nicht verkaufen konnten. Die Reputation von FAW hingegen ist bis jetzt unbefleckt, daher rechnen die Unternehmer mit einem Erfolg. Bisher waren die Bemühungen der "GAZ-Gruppe", die weltweit führenden Marken nach Russland zu locken, nicht von Erfolg gekrönt. Andrej Koržubaev hofft, dass Russland mit China ein wenig mehr Glück haben wird, denn 1953 war es ausgerechnet die Sowjetunion, die in Changchun das erste LKW-Werk erbaute. Vladimir Terleckij |
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