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Energieeffizienz mit der Pistole an der Schläfe

Energieeffizienz mit der Pistole an der Schläfe

20.12.2010 — Analyse


Ein russisch-deutsches Energieunternehmen (rudea) baut zusammen mit der deutschen Bank und der offenen Aktionärsgesellschaft "Russische Eisenbahn" ein neues E-Lock-Werk in Jekaterinburg. Die Behörden der Region Sverdlovsk behaupten, Projekte im Bereich Energieeffizienz in der Industrie seien bei den Investoren gefragter als alles andere. Allerdings zeigten die ersten beiden Jahre, in denen rudea in Russland tätig war, dass in erster Linie in die Gazprom-Unternehmen investiert wird. Wie der Korrespondent der "RusBusinessNews" herausfand, können kleinere Unternehmen und die Kommunalwirtschaft kaum auf Investitionen hoffen, da der Rohstoffsektor an einer Modernisierung der Industrie keinerlei Interesse zeigt.

Rudea, 2009 mit glücklicher Hand von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Dmitrij Medvedev gegründet, wurde dazu aufgerufen, deutsche Energiespartechnologien in die russische Wirtschaft zu integrieren. Wie die Experten bestätigen, kommt es im Uraler Föderalbezirk durch Energieverluste zu einem überhöhten Brennstoffverbrauch gigantischen Ausmaßes. Den Worten von Valerij Rodin, Generaldirektor der Offenen Aktionärsgesellschaft "Interregionales Stromverteilungsunternehmen am Ural" (MRSK) nach, gehen allein in den Leitungen bis zu 8% der Energie verloren. Das MRSK gibt jedes Jahr etwa zehn Milliarden Rubel für die Amortisation der Verluste in den Stromnetzen aus.

2011 plant rudea einige größere Projekte im Uraler Föderalbezirk. Allein mit den Unternehmen der Region Sverdlovsk wurden 14 Verträge unterzeichnet. Neben der Erneuerung des Stromnetzes sind die Modernisierung einer Reihe von Maschinenbaufabriken und Kesselräumen, die Verbesserung der Straßenbeleuchtung in Jekaterinburg, eine Dezentralisierung der Wärmeversorgung in einer der Regionen der Hauptstadt am Ural und weitere Projekte vorgesehen. Der Gesamtumfang der hierfür erforderlichen Mittel wird auf 700 Milliarden Rubel geschätzt.

Nikolaj Vinničenko, bevollmächtigter Vertreter des Präsidenten der Russischen Föderation im Uraler Föderalbezirk, ist bis jetzt nicht sonderlich zufrieden mit der russisch-deutschen Zusammenarbeit. Seinen Worten nach gibt es noch kein System in der Lösung des Energieverlustproblems. Es werden lediglich einzelne Projekte realisiert: So bietet die Gazprombank den Industrieunternehmen verschiedene Kredite zum Kauf von effizienteren Motoren und Druckluftanlagen an, die den Löwenanteil an Energie verbrauchen. Im Kommunalsektor ist die Lage besonders schwierig, da für diesen noch keine Lösungen der finanziellen Fragen gefunden wurden.

Währenddessen sind die Industriearbeiter mit den Ergebnissen der deutsch-russischen Zusammenarbeit ebenfalls unzufrieden. Die Manager der Offenen Aktionärsgesellschaft "Sintez" aus Kurgan, welche medizinische Präparate und Erzeugnisse herstellt, erklärten unlängst auf einer internationalen Konferenz in Jekaterinburg, sie seien auf die schwarze Liste der Gazprombank geraten, was ihnen automatisch alle Chancen auf eine Erneuerung der Ausrüstung nehme.

Wolfgang Skribot, Verwaltungsvorsitzender für Elektroenergie und Infrastrukturprojekte der Offenen Aktionärsgesellschaft "Gazprombank" erklärte, dass es keinerlei schwarze Liste gebe, es jedoch bei den heutigen wirtschaftlichen Bedingungen überaus riskant sei, Kredite an Stadtverwaltungen und kleinere Unternehmen zu vergeben. Seiner Meinung nach liegt die beste Option für Unternehmen wie "Sintez" aus Kurgan darin, sich an ein Energieversorgungsunternehmen zu wenden, das drei Typen von Ausrüstungserneuerung anbietet. Ein solches Unternehmen stellt nicht nur einen Kredit zur Verfügung, sondern erklärt sich auch bereit, weitere Geldquellen ausfindig zu machen oder die Energieinfrastruktur des fremden Unternehmens vollständig in seine Bilanz mit aufzunehmen.

Den Vorteil der Vorschläge zur Modernisierung der Ausrüstung beweist eine Zusammenfassung der Wirtschaftstätigkeit von rudea eindrucksvoll: Den Worten von Tomas Hendel, des Agenturleiters nach, sollte vieles von dem, was 2011 geplant ist, bereits 2009 abgeschlossen werden. Insbesondere das Projekt zur Erneuerung der Straßenbeleuchtung in Jekaterinburg steht noch ganz am Anfang. Vielleicht klappt es ja besser, wenn 300 Kommunalbeamte aus allen Regionen des Uraler Föderalbezirks 2011 nach Deutschland fahren und dort Fortbildungen besuchen.

Hans-Jürgen Vio, Generaldirektor von Siemens Russland und Zentralasien, stimmt zwar der Ansicht, dass in zwei Jahren wenig erreicht wurde, zu, blickt aber mit Optimismus in die Zukunft: "Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut". Seiner Meinung nach ist das Wichtigste getan: Das Energiesparpotential wurde geschätzt und die Rentabilität und der Umfang der nötigen Investitionen wurden berechnet. Der Manager ist überzeugt davon, dass sich die investierten Summen in fünf bis zehn Jahren amortisieren, was für Energiesparprojekte keinen schlechten Wert darstellt.

Das Problem besteht allerdings darin, dass Unternehmer in Russland nicht mehr als zwei Jahre im Voraus planen, weshalb die Vergabe zehnjähriger Kredite ins Reich der Fabeln verwiesen werden muss. Auf langfristige Kredite aus dem Ausland können höchstens die Unternehmen erster Rangordnung hoffen: Gazprom, die Russische Eisenbahn usw. Die Projekte von Siemens in Russland bestätigen dies ganz offensichtlich. Das führende deutsche Elektrotechnikunternehmen produziert momentan Hochleistungsmotoren für die Kompressoren von Gazprom, baut ein Transformatorenwerk in Voronež, arbeitet an der Realisierung einer Reihe weiterer Maßnahmen zur Effizienzsteigerung beim Energietransport von 93 auf 97%, arbeitet ein Projekt zur Senkung des Energieverlustes an Bahnhöfen aus, stellt sparsamere Antriebe für Gasverbrennungsanlagen bei den Štokmanskij-Vorkommen her, investierte 20 Millionen Euro in eine Fabrik zur Herstellung von Gasverbrennungsanlagen in Perm, bemüht sich um die Vor-Ort-Produktion von kleinen Gasturbinen u.v.m.

Es liegt auf der Hand, dass die deutschen Unternehmen dorthin gehen, wo sie wirtschaftliche Perspektiven sehen. Außerhalb des Rohstoffsektors sind die Perspektiven für Siemens alles andere als klar ersichtlich: Den Worten von Hans-Jürgen Bio nach steht einer Zusammenarbeit mit den Russen nicht nur das Fehlen privater Investitionen im Wege, sondern auch die Undurchschaubarkeit und mangelnde Konkretheit der vorgeschlagenen Projekte und die Weigerung, das Energiesparproblem als Ganzes aufzufassen.

Die russischen Experten nehmen an, dass alle Schwierigkeiten, mit denen rudea zu kämpfen hat, eine logische Folge des nicht vorhandenen Interesses der Rohstoffeliten der Russischen Föderation an einer Einsparung von Energieressourcen darstellt. Das Entwicklungsprogramm des Gassektors sieht bis 2030 den Bau von Gasverbrennungsfabriken und einer mächtigen Tankerflotte und v.a. eine Erhöhung der Kohlenwasserstofförderung vor. Der russische Premierminister Vladimir Putin erklärte, als er letzten Herbst im Autonomgebiet der Jamalen zu Gast war, die Gasförderung müsse von 650 Milliarden auf eine Billion Kubikmeter pro Jahr erhöht werden. Dabei müsse der eigene Markt zum Hauptverbraucher der zusätzlichen Gasmengen werden: Den Worten des Premierministers zufolge "können und müssen die nationalen Hersteller eine steigende Gasnachfrage garantieren".

Da ist es klar, dass die Gazprombank, die direkt an der Verwirklichung der Strategien zur Entwicklung des Gassektors bis 2030 interessiert ist, nur unter Androhung von Waffengewalt Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs im Land finanzieren wird. Darüber hinaus setzt niemand den Managern der Bank die Pistole an die Schläfe, ganz im Gegenteil - man gibt ihnen klar zu verstehen, dass seitens der Eigentümer von Gazprom an einer Modernisierung der Industrie kein Interesse besteht. Daher dürften die Projekte von rudea auch in Zukunft kaum konkreter werden.

Vladimir Terlezkij

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