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Ein Kugellager als Spiegel des russischen Zolls04.02.2011 — Analyse Das Schiedsgericht des Föderalbezirkes Ural hat dem Zoll ein beispielloses Geschenk gemacht: er hat dem Zoll erlaubt, alle Waren, die nicht in Russland hergestellt werden mit Anti-Dumping-Zöllen zu verzollen. Und falls das Gerichtsurteil nicht aufgehoben wird, ist ein Skandal unvermeidlich. Wie der Berichterstatter von "RusBusinessNews" erfahren hat, machte der Streit des Unternehmers Amir Haknazarow mit dem russischen Zoll selbst die Präsidentenadministration auf sich aufmerksam. Die Geschichte begann im Mai 2009 als "EuroSnabKomplekt" GmbH auf der Ordzhonikidze-Zollstelle des Zolls von Jekaterinburg 3000 Kugellager-Baugruppen verzollen wollte. Amir Haknazarow, der Generaldirektor des Importeurs, hat keine Sekunde daran gezweifelt, dass die Verzollung keine Probleme machen wird, denn er importiert die Kugellager schon seit mehreren Jahren. Doch es sind ganz unerwartete Probleme aufgetreten. Die eingeführten Kugellager werden in Russland nicht hergestellt, deswegen fallen sie nicht unter den Regierungserlass "Über Maßnahmen zum Schutz der Russischen Lagerhersteller", welcher einen Anti-Dumping-Zoll in Höhe von 41,5% für einreihige Lager aus China vorsieht. Seit mehreren Jahren hat "EuroSnabKomplekt" einen Zoll von 5% entrichtet, und der Zoll hatte keine Fragen an das Unternehmen. Doch nachdem ein Zollbeamte den Unternehmer zu "Verhandlungen" aufgefordert hat, gab es plötzlich Probleme. Laut Aussage von A. Haknazarow, hat es dem Zollbeamten nicht gefallen, dass die Anmeldung nicht über einen Zollagenten abgelaufen ist, deswegen hat man angedeutet, dass man die Ware eventuell auch nicht verzollen wird. Danach wurde hinter den Kulissen eine zollinterne Expertise durchgeführt, die festgestellt hat, dass "EuroSnabKomplekt" nicht Kugellager-Baugruppen, sondern einreihige Lager eingeführt hat. Die Zöllner verlangten eine Nachzahlung des Anti-Dumping-Zolls und eine Strafe für unwahrheitsgemäße Anmeldung. Das Interessanteste ist nicht mal, dass A. Haknazarow über die Machenschaften des Zolls erst im Nachhinein erfahren hat (denn laut Gesetz muss der Anmelder über die Durchführung einer Expertise per Einschreiben informiert werden), sondern, dass der Sachverständige sich in seinem Gutachten auf ein Erlass vom 21. September 2009 berufen hat, den keiner je zu Gesicht bekommen hat. Wiktor Kowin, der Rechtsanwalt des Unternehmers, behauptet, dass die rechtswidrige Expertise von der Zollleitung aberkannt wurde. Kurz danach wurde ein neues Gutachten bestellt, welches dem vorherigen Wort für Wort entsprach. Wie der Professor der UGTU-UPI Alexander Krasilnikow, gegenüber von "RusBusinessNews" erklärt hat, ist das Problem wegen einer falschen Übersetzung der technischen Dokumentation aufgetreten. Denn in der UdSSR konnte man bis zu den 60er Jahren ein Kugellager auch als eine Lager-Baugruppe bezeichnen. Doch die russische Regierung, als sie den Erlass verabschiedet hat, hat kein Gleichheitszeichen zwischen dem Kugellager und der Lager-Baugruppe gesetzt. Die Lager-Baugruppen, welche von "EuroSnabKomplekt" eingeführt wurden, sahen wie ein Wälzlager aus, doch ohne das Lager aufzumachen, sagen die Experten, kann man nicht feststellen wie viele Reihen das Lager hat. Nach Informationen von A. Krasilnikow wurde die Expertise von "Uralpodschipnik" (Kugellagerwerk von Ural) durchgeführt, welches dann mitteilte, dass das Lager einreihig ist. Michail Mansurow, der Sales-Manager von "Uralpodschipnik", hat gegenüber von "RusBusinessNews" erklärt, dass das Werk über keine Experten-Abteilung verfügt, deswegen auch keine Gutachten erstellen kann. Die Experten haben lediglich im Katalog nachgeguckt, was unter Kugellager, und was unter Lager-Baugruppe aufgeführt wird. Dabei haben sie festgestellt, dass bei einer Lager-Baugruppe normalerweise ein Gehäuse vorhanden ist, doch das chinesische Lager hatte keins. Deswegen meldeten sie auch, dass es sich um ein gewöhnliches Lager handelt. Anatolij Komissarow, der Leiter des Grafik- und Maschinenteile-Lehrstuhls der Landwirtschaftsakademie von Ural, behauptet seinerseits, dass es unwichtig war, ob das Lager mit oder ohne Gehäuse geliefert wurde. Das Wichtigste sei, dass das Lager eine zusammengesetzte Einheit ist, denn eine Baugruppe besteht aus mindestens 3 Teilen. Dieses Lager sieht eine zusätzliche Gabel und Gewindestifte vor, deswegen, so Professor Komissarow, ist dies eine Lager-Baugruppe. Amir Haknazarow hat Einspruch gegen die Strafe des Jekaterinburger Zolls eingelegt, doch verlor vor dem Schiedsgericht gegen den Staat. Wiktor Kowin vermutet, dass die Richter bestochen wurden. Sie haben gegen das Gesetz auf Schritt und Tritt verstoßen, und haben nicht mal versucht ihre Verstöße zu vertuschen. So hat das Berufungsgericht ein Sachverständigengutachten bestellt, doch in der nächsten Sitzung wurde verkündet, dass kein Gutachten nötig sei, und die Richter fällten daraufhin sofort ihr Urteil. W. Kowin sieht die Gründe für die Gesetzlosigkeit in der Solidarität der Ordnungshüter. Die Verwandten von mehreren Richtern importieren Waren, und sind deswegen am "guten Draht zum Zoll" interessiert. Doch die rechtswidrige Entscheidung des Schiedsgerichtes brachte den Zoll in eine sehr unbequeme Lage. Vor Gericht haben die Zollbeamten behauptet, dass die Lager unter dem Code verzollt wurden, welcher die Erhebung des Anti-Dumping-Zolls vorsieht. Sie haben dreist gelogen. "RusBusinessNews" verfügt über die Kopien der Zollanmeldungen von A. Haknazarow aus vergangenen Jahren, aus denen folgt, dass der Warencode keine Erhebung der Anti-Dumping-Zoll vorsieht. Als die Zollbeamten dem Gericht falsche Informationen mitgeteilt haben, wurde ihnen klar, dass sie von "EuroSnabKomplekt" Zollnachzahlungen für die vergangenen Jahre verlangen müssen. Und genau in diesem Punkt hat sich der Zoll selbst eine Falle gestellt: wenn der Anti-Dumping-Zoll versehentlich nicht erhoben wurden, dann muss die Zollleitung wegen entgangener Zollgebühren entlassen werden. Wenn der Anti-Dumping-Zoll aber rechtswidrig berechnet wurde, dann müssen die Zollbeamten wegen Erpressung verurteilt werden. Für die Ambitionen der Zollbeamten wird der Staat teuer bezahlen müssen, denn sie haben den ohnehin nicht gerade glänzenden Ruf des russischen Gerichts nochmals durch den Dreck gezogen und die Regierung in die Ecke getrieben, die jetzt, um ihr Gesicht zu wahren, gezwungen ist, von anderen Importeuren der Lager-Baugruppen Anti-Dumping-Zölle zu verlangen. Laut Gesetz werden die Zölle für die letzten 3 Jahre rückwirkend erhoben, doch in diesem Fall werden die Unternehmen sich beschweren und die Regierung mit Beschwerden bombardieren. Amir Haknazarow hat über die Situation bereits die Präsidentenadministration informiert. Sein Schreiben wurde an die Föderale Zollbehörde und die Staatsanwaltschaft des Gebietes Swerdlowsk weitergeleitet. Und jetzt, so glauben die Experten, werden sich die Zollbeamten und Richter für ihre verdächtigen Fehler vor Gericht verantworten müssen. Wladimir Terletskij |
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