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Streit um ein Kerosinfass in Jekaterinburg: TNK-BP vs. LUKOIL

Streit um ein Kerosinfass in Jekaterinburg: TNK-BP vs. LUKOIL

07.12.2010 — Analyse


Der Beschluss steht fest: Der Brennstoffkomplex des Jekaterinburger Flughafens Koltsovo wird an eine Privatfirma verkauft. Aleksandr Mišarin, Gouverneur der Region Sverdlovsk, geht davon aus, dass die Privatisierung des Brennstoffkomplexes der Entwicklung der Luftfracht in der Region einen wirksamen Schub verleihen wird. Die Experten teilen seinen Optimismus indes nicht: Ihrer Meinung nach zieht ein monopolistischer Brennstofflieferant ernsthafte Unverhältnismäßigkeiten in der Entwicklung des Luftfahrtsektors nach sich. Dem Korrespondenten der "RusBusinessNews" nach wird eine Konkurrenzsituation so lange unmöglich sein, bis die Behörden damit aufhören, mit einzelnen Firmen Exklusivvereinbarungen zu treffen.

Die Erdölgesellschaft TNK-BP stellte beim föderalen Dienst Russlands zur Bekämpfung von Monopolbildung den Antrag, 100 % der stimmberechtigten Aktien des Brennstoffkomplexes von Koltsovo erwerben zu dürfen. Der Komplex, der bis Januar 2010 ein Teil des Jekaterinburger Flughafens war, verfügt über das exklusive Recht, Flugzeuge mit Kerosin "in den Flügel" zu betanken. Die Monopolstellung des Brennstoffkomplexes brachte Koltsovo den Löwenanteil (bis zu 50% des Ertrags) der Einnahmen ein. Die föderalen Behörden jedoch zwangen den Flughafen zur Abgabe des Aktivas, indem sie beschlossen, alle Brennstoffkomplexe Russlands in selbständige juristische Personen umzuwandeln. Die Beamten erklären, damit eine Konkurrenzsituation unter den Verkäufern von Luftfahrtkerosin schaffen und die Preise senken zu wollen. Die Experten hingegen vermuten, die Privatisierung des Brennstoffkomplexes verfolge allein das Ziel, diesen an die gewünschten Personen zu übergeben; mit einer Monopolbeseitigung habe sie rein gar nichts zu tun.

Nicht zum ersten Mal werden Versuche unternommen, die Infrastruktur der Versorgung von Koltsovo mit Brennstoff an Privateigentümer zu verkaufen. Im Jahr 2000 schlug Jurij Kirillov, der damalige Direktor des Flughafens vor, die GmbH "TZK "Koltsovo" zu gründen, die zu 80% der Finanzgruppe "Koltso Urala" ("Uraler Ring") gehören sollte. Der Staat, zu diesem Zeitpunkt 60%-iger Inhaber der Aktien des Flughafens, hatte nichts dagegen einzuwenden. Der Grund dafür lag möglicherweise darin, dass Aleksandr Venediktov, einer der Räte des Gouverneurs Eduard Rossel, diese Finanzgruppe gegründet hatte. Der Vertrag kam jedoch nicht zustande, da Petr Latyšev, bevollmächtigter Vertreter des russischen Präsidenten im Föderalbezirk Ural, dagegen vorging.

Mitte der 2000er gehörte "Renova" (einer der russischen Aktionäre von TNK-BP) zu den Inhabern von Koltsovo. Als Gegenleistung musste Viktor Vekselberg am Flughafen ein neues Gebäudeareal errichten. Er hielt seine Versprechungen ein, aber die Ausgaben für die Infrastruktur machten zunächst die Fluggesellschaften und später auch die Passagiere mehr als wett. Die Abschöpfung der Rente wurde über die Brennstoffpreise vorgenommen, die während der Umbaumaßnahmen von Koltsovo um 90% pro Jahr stiegen. Zeitweise überstieg der Kerosinpreis am Jekaterinburger Flughafen die Preise in den europäischen Ländern, wo die Preise von Erdölfabrikaten a priori höher sind. Der föderale Dienst zur Bekämpfung von Monopolbildung musste eingeschaltet werden.

Dieser stellte im Jahr 2007 eine unlautere Absprache sowohl unter den Brennstofflieferanten (den Erdölunternehmen) als auch unter den Verbrauchern (den Fluggesellschaften und dem Flughafen) fest. Die offene Aktionärsgesellschaft "Koltsovo" wurde zur Zahlung von 13 Millionen Rubel verurteilt: Der Dienst zur Bekämpfung von Monopolbildung konnte beweisen, dass Michail Maksimov, der neue Generaldirektor des Flughafens, offenkundig die Interessen der Fluggesellschaft "Aviaprad" lobbyierte, die ihrerseits mutmaßlich von "Renova" gegründet wurde. Erneut wurden Versuche unternommen, den Brennstoffkomplex zu verkaufen, doch der Flughafen verlangte den dreifachen Preis (120 Millionen Euro) und es fand sich kein Käufer für ihn. Den Experten nach kam das Scheitern des Abkommens V. Vekselberg gelegen, der mehrmals erklärte, die Erträge aus dem Brennstoffverkauf würden für die Renovierung des Flughafens verwendet.

Die Situation begann sogar Eduard Rossel zu beunruhigen, den damaligen Vorstand der Region Sverdlovsk, der den Brennstoffkomplex in Wirklichkeit selbst an "Renova" übergeben hatte. 2008 erklärte er, in Koltsovo entstehe ein weiterer Komplex, den das Unternehmen "LUKOIL" baue. Es wurde sogar das Brennstoffunternehmen "Ural" registriert, welches von der GmbH "Lukoil-Aero" und der offenen Aktionärsgesellschaft "Uralskie avialinii" gegründet wurde. Die Sache nahm jedoch ein schnelles Ende: Bis zur Betankung der Flugzeuge durch den neuen Spielpartner kam es nicht. Der Flughafen weigerte sich, "Ural" und den Fluggesellschaften, die den Wunsch geäußert hatten, selbst Kerosin auf dem Markt aufzukaufen und es im Jekaterinburger Flughafen zu deponieren, die hierfür erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Im Anschluss daran leitete der Dienst zur Bekämpfung von Monopolbildung (FAS) erneut ein Verfahren gegen die offene Aktionärsgesellschaft "Koltsovo" ein.

Die Beschwerde wird schon über ein Jahr lang untersucht. Eine Entscheidung steht aufgrund einer Reihe von Ursachen noch aus. Zunächst musste der FAS klären, ob der Flughafen über eine Möglichkeit zur Lagerung weiterer Brennstoffkapazitäten verfügt. Aleksandr Travka, Vorsitzender der Territorialverwaltung der russischen Luftfahrt im Bezirk Ural, teilte den "RusBusinessNews" mit, dass es eine solche Möglichkeit gebe (unter der Voraussetzung der Einhaltung mehrerer Sicherheitsvorschriften), worüber die Leitung der Regionalverwaltung des FAS informiert wurde. Dennoch kam es bei der Frage nach der Zulassung einer zweiten Instanz zur Betankung der Flugzeuge zu keiner Entscheidung.

Julia Anisimova, Abteilungsvorsitzende der Verwaltung des FAS zur Monopolbekämpfung auf den Märkten der Region Sverdlovsk erklärte, die Verzögerung beim Treffen einer Entscheidung hänge damit zusammen, dass es sich bei der offenen Aktionärsgesellschaft "Koltsovo" nicht um einen ordnungsgemäßen Beklagten handle. Im Laufe des Prozesses kam heraus, dass es nicht einmal die geschlossene Aktionärsgesellschaft "TZK "Koltsovo" ist, die das Monopol bei der Betankung der Flugzeuge „in den Flügel" ausübt, sondern eine gewisse GmbH "TZK "Aktiv". Dabei verblieb das Recht zum Abschluss von Verträgen zur Brennstofflagerung trotz der Umstrukturierung des Brennstoffkomplexes in eine eigenständige juristische Person wie bisher bei der offenen Aktionärsgesellschaft "Koltsovo". Den Mitarbeitern des FAS ist zwar durchaus klar, wer hinter diesen Maßnahmen steht, dennoch forderten sie die Vorlage der Dokumente, die den Mechanismus der Überschreibung der Verwaltungsrechte am Komplex von einem Unternehmen auf das andere offenlegen. Den Worten von J. Anisimova nach steht bereits fest, wer Koltsovo mit Brennstoff beliefern und die Flugzeuge betanken wird. Der Verkauf des Brennstoffkomplexes ziehe keinerlei Änderungen auf dem Markt nach sich: Der Monopolist werde den Konkurrenten - d.h. den Kerosinlieferanten - auch weiterhin Steine in den Weg legen.

Der Zentralapparat des föderalen Dienstes zur Bekämpfung von Monopolbildung, an den sich die TNK-BP wegen der Erlaubnis zum Kauf des Brennstoffkomplexes von Koltsovo gewandt hatte, geht der Situation zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf den Grund. Aleksandr Petrov, Industrie - und Wissenschaftsminister der Region Sverdlovsk, erklärte dem Korrespondenten der "RusBusinessNews", eine Entscheidung über den Verkauf des Komplexes an die TNK-BP sei noch nicht getroffen worden. Die Administration der Region Sverdlovsk hat erst kürzlich eine Vereinbarung über eine soziale Partnerschaft mit dem Unternehmen "LUKOIL" unterzeichnet. Dem Abkommen nach baut die Erdölgesellschaft in Jekaterinburg ein neues Philharmoniegebäude und die Behörden unterstützen sie im Gegenzug in ihrer Wirtschaftstätigkeit auf dem Territorium der Region. Über den Bau eines zweiten Brennstoffkomplexes wird zwar noch nicht gesprochen, wie A. Petrov bestätigt sei LUKOIL dennoch der zweite ernsthafte Anwärter auf den Kauf des Komplexes Koltsovo.

Aleksandr Filippov, Gruppendirektor der Öffentlichkeitsarbeit der GmbH "Lukoil-Permnefteprodukt" bestätigte, dass das Unternehmen verschiedene Markteinstiegsvarianten in der Sparte Luftfahrtbrennstoff in Jekaterinburg analysiere: auch eine Teilnahme an der Auktion zum Verkauf des zur Privatisierung ausstehenden Brennstoffkomplexes werde nicht ausgeschlossen. Welche Entscheidung LUKOIL letztendlich trifft, werde von der Marktsituation und einer Reihe anderer Faktoren abhängen - politische inbegriffen.

Währenddessen haben die Experten keinen Zweifel daran, dass die politische Entscheidung bereits getroffen wurde, nämlich gegen LUKOIL. Aleksandr Mišarin, der Gouverneur der Region Sverdlovsk, erklärte unlängst Journalisten gegenüber, dass "nach dem Verkauf des Brennstoffkomplexes auch andere Brennstofflieferanten auftauchten, eine Konkurrenzsituation entstünde und das Kerosin am Ural billiger würde, was wiederum Auswirkungen auf die Preise der Tickets hätte. " Es ist offensichtlich, dass sich hinter dem "ersten" Lieferanten der heutige verbirgt, d.h. die TNK-BP. Der Vorsitzende der Region scheint dabei auch nicht am Eintritt neuer Spieler in den Wettbewerb um Koltsovo zu zweifeln.

Der Meinung der Experten nach garantiert die Eröffnung eines zweiten oder gar dritten Brennstoffkomplexes noch keine Senkung der Brennstoff- und der damit verbundenen Ticketpreise. Am Flughafen von Vladivostok gab es über 10 Komplexe, zwischen ihnen fand jedoch keinerlei Konkurrenz statt, da keiner von ihnen über eigene Räumlichkeiten, Laboratorien, Lager usw. verfügte. Die Schaffung einer eigenen Infrastruktur stellt einen kostenintensiven und langwierigen Prozess dar, weshalb sich "alternative" Komplexe häufig in banale Lieferanten verwandeln.

Die großen Erdölgesellschaften können natürlich auch ihre eigenen Räumlichkeiten schaffen, doch auch das garantiert noch lange keine marktwirtschaftlichen Verhältnisse: Wie die Untersuchung des FAS zeigte, neigen die vertikal-integrierten Unternehmen erstens dazu, Einheitspreise für das Kerosin festzulegen, und zweitens trägt das System privat-staatlicher Partnerschaften, mit dem die russischen Behörden soziale Probleme zu lösen versuchen, nicht zur Entwicklung einer Konkurrenzsituation bei.

Die Vereinbarungen, die die Administration der Region Sverdlovsk mit den großen Steuerzahlern unterzeichnet, lassen sich als Ablasshandel auf das Recht, auf dem Territorium der Region zu wirtschaften, bezeichnen. Indem sie den "von oben" empfohlenen Sozialprojekten zu entsprechen versuchen, zielen die Unternehmen darauf ab, ihre Ausgaben auf Kosten des örtlichen Marktes wieder hereinzuholen. Dementsprechend sind die Behörden gezwungen, den Zutritt von neuen Teilnehmern auf diesen einzuschränken, womit sie im Grunde jeglichen Konkurrenzkampf zunichte machen.

"Renova" musste sich an der Renovierung des Flughafens beteiligen, um den Zugang zu Koltsovo zu erlangen. LUKOIL, das seinen Brennstoff ebenfalls "in den Flügel" tanken möchte, schlägt man lediglich vor, soziale Verantwortung zu zeigen. So ist es um die wirtschaftliche Realität in Russland bestellt: Den Behörden sind marktwirtschaftliche Bedingungen nicht geheuer, weshalb sie exklusive Wirtschaftsbeziehungen und einen manuellen Verwaltungsstil vorziehen. Dies wiederum führt zu Unverhältnismäßigkeiten in der Wirtschaft. In einem vom Rohstoff geprägten Land ist der Luftverkehr der überwältigenden Mehrheit der Bürger aufgrund überzogener Brennstoffpreise unzugänglich.

Vladimir Terlezkij

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